Der unbequeme Glücksfall

Kanzlerin Angela Merkel wusste genau, warum sie Joachim Gauck bis zuletzt als Staatsoberhaupt verhindern wollte: Dieser Pfarrer lässt sich nicht abschrecken, Kritik fordert ihn nur umso mehr heraus. Den Mund lässt er sich weder vom Protokoll noch von der Regierung verbieten.

Kurzum: Gauck prägt das Amt des Bundespräsidenten — und nicht umgekehrt, wie es bisher meist der Fall war.

Binnen weniger Wochen hat Gauck bewiesen, dass man präsidial und kritisch zugleich sein kann. Das tut dem Land gut und vor allem der politischen Debatte. Sein Auftreten und Reden sind ein deutlicher Gegenpol zur Politik der Alleingänge und Hinterzimmerabsprachen. Seine Courage zur eigenen, offen vertretenen Meinung ist eine Alternative zur Ängstlichkeit und Zurückhaltung der Deutschen. So wie er das Amt prägt, sollen die Menschen ihr Leben gestalten. Und im Gegensatz zum Stammpersonal der Politik nimmt man es ihm ab. Deshalb ist Gauck ein Glücksfall.