Details über Streit mit Euro-Abweichler Bosbach
Berlin (dpa) - Auch Tage nach Verabschiedung der umstrittenen Ausweitung des Euro-Rettungsschirms kommen immer weitere Einzelheiten über den in der Koalition aufgebauten Druck auf Abweichler an die Öffentlichkeit.
Nach Darstellung von „Bild am Sonntag“ sagte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) dem CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach bei einem Treffen am vergangenen Montag in der NRW-Landesvertretung in Berlin unter anderem: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.“
Die Zeitung berief sich dabei auf Teilnehmer des Treffens der beiden CDU-Politiker und zitierte Pofalla weiter, Bosbach mache mit seiner „Scheiße alle Leute verrückt“. Als Bosbach seine harte Haltung im Streit um den Euro-Rettungsschirm mit Verweis auf Gewissensentscheidungen von Abgeordneten verteidigte, habe der Kanzleramtsminister geantwortet: „Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe.“
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte auf dpa-Anfrage, Bosbach und Pofalla hätten sich bereits am folgenden Tag ausgesprochen. Seibert betonte, „dass beide die Angelegenheit als erledigt betrachten“. Bosbach sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich versuche, den Vorgang zu vergessen. Ronald Pofalla und ich haben miteinander telefoniert. Für die übernächste Woche haben wir uns zum Vier-Augen-Gespräch im Kanzleramt verabredet“.
Bosbach hatte vor und nach dem Beschluss des Bundestages zum EFSF am vergangenen Donnerstag beklagt, dass er einen solchen Druck auf Abweichler wie in diesem Fall noch nicht erlebt habe. Zugleich wies er in Interviews Darstellungen zurück, er vertrete seine abweichende Position aus Ärger darüber, dass er nach dem Wahlsieg der schwarz-gelben Koalition Ende 2009 kein Spitzenamt bekleiden durfte.
Auch Bundestags-Präsident Norbert Lammert (CDU) hält solche Spekulationen über Bosbach für „abwegig und ehrenrührig“. Bosbach sei „einer der angesehensten Kollegen der Bundestagsfaktion“ und nicht als notorischer Nörgler bekannt; er habe „Anspruch auf Respekt“, sagte Lammert den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Zugleich hat er aber auch keinen Anhaltspunkt, dass die Fraktionsführung Druck auf Abweichler ausgeübt hat. Mehrere Abgeordnete hätten dies ihm gegenüber ausgeschlossen.
Bosbach kommt wie Pofalla aus Nordrhein-Westfalen und ist seit 1994 im Bundestag. Von 2000 bis 2009 war er stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion, seit Ende 2009 ist er Vorsitzender des Innenausschusses.