Deutschland verhandelt über Guantanamo-Insassen

US-Gefangenenlager: Die Regierung prüft erneut, ob Häftlinge bei uns aufgenommen werden.

Berlin. Tauziehen hinter den Kulissen: Nimmt Deutschland Häftlinge aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo auf? Und wenn ja, wie viele? Wenn überhaupt, dann wohl nicht mehr als man an einer Hand abzählen kann - so haben es jedenfalls andere Staaten gehalten. Und bei denen musste der US-Sondergesandte Daniel Fried bis dahin ebenfalls mehrfach vorstellig werden - wie in Berlin. Im Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba werden Terrorverdächtige festgehalten. US-Präsident Barack Obama kündigte nach seinem Amtsantritt die Schließung an - und sucht seitdem Ländern, die die Freigelassenen aufnehmen.

Vor etwa einem Jahr präsentierte US-Sonderbotschafter Fried der Bundesregierung - damals noch schwarz-rot - eine Liste mit neun Namen. Alle waren Uiguren, Angehörige eines teilweise im Westen Chinas beheimateten Turk-Volks. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte seinerzeit grundsätzliche Bereitschaft zur Hilfe, obwohl die chinesische Regierung protestierte. Konkret geprüft wurde die Angelegenheit im von Wolfgang Schäuble (CDU) geführten Innenministerium. Das sah erst keine Rechtsgrundlage und dann kam die Bundestagswahl dazwischen.

Die USA wurden nach der Wahl hartnäckig. Im Dezember habe Fried eine Liste mit wiederum neun Namen vorgelegt - darunter noch zwei Uiguren, berichtet der "Spiegel". Etliche ihrer Landsleute sind anderswo untergekommen.

Zu den Kandidaten für die Einreise nach Deutschland gehören jetzt angeblich ein Palästinenser, ein Jordanier und ein Syrer. Das Innenministerium bestätigte das zwar nicht, räumte aber ein, dass es erneut Gespräche aufgenommen habe. Zum "Spiegel"-Bericht, wonach eine deutsche Delegation in der vergangenen Woche in Guantanamo Gespräche mit Insassen geführt habe, die für eine Aufnahme infrage kommen, wollte ein Sprecher auch nichts sagen.

Die Delegation - einschließlich eines Beamten des Ministeriums, des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Migration - sollte eine Risikoprognose vornehmen. Einer hat seine Entscheidung getroffen. "Wir haben in Deutschland keinerlei Veranlassung, solche Leute aufzunehmen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Nach Bayern kommt mir keiner rein."