Die Bilanz der Koalition zur Halbzeit

Mit Franz Müntefering geht einer der wenigen Guten im Kabinett.

<strong>Berlin. Mit einem Appell zur Geschlossenheit hat sich Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD) zur Halbzeit der Großen Koalition aus der Regierung verabschiedet: Vor zwei Jahren leistete CDU-Chefin Angela Merkel ihren Amtseid als Kanzlerin ab. Bei seiner letzten Kabinettssitzung mahnte der Arbeitsminister: "Die Große Koalition hat Verantwortung für das Ganze." Der 67-Jährige betonte: "Hier sitzen keine zwei halben Kabinette, sondern eine Regierung." Wie gut diese Regierung ist, sagt der Minister-Test von WZ Newsline.

Außen hui, innen pfui

Die Außen-Kanzlerin: Merkels Bilanz ist gut bis durchwachsen. Erst hat sie ihre Kritiker positiv überrascht. Doch dann kam die Enttäuschung. (Fotos: dpa)

Vor zwei Jahren hat die CDU-Vorsitzende Angela Merkel im Bundestag ihren Amtseid als erste Bundeskanzlerin Deutschlands geleistet. Es dauerte nicht lange, bis das im Wahlkampf gebetsmühlenartig vorgetragene Sie-kann-es-Nicht ihrer schärfsten Kritiker verstummte. Viele Menschen, die früher nie als Merkel-Fans aufgefallen waren, stimmten erste Lobgesänge an. Verzückt stellten sie fest: Merkel stolperte nicht nur nicht über die roten Teppiche. Im Gegenteil machte sie im Ausland eine hervorragende Figur.

Sie entspannte das Verhältnis zu den USA, ging zu Russland auf Distanz und fand einen vernünftigen Umgang mit dem selbstverliebten französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Ihr Meisterstück lieferte sie während der G8- und EU-Präsidentschaft ab. Durch geschickte Moderation lenkte sie widerspenstige Staats- und Regierungschefs auf den richtigen Kurs.

Gemessen an ihrer Außenpolitik steht Merkel zur Halbzeit hervorragend da. Ihre Umfragewerte sind herausragend gut. Dabei hilft freilich auch die tolle Wirtschaftskonjunktur, von der ein amtierender Regierungschef immer besonders profitiert.

Ob sie diese Lorbeeren jedoch verdient hat, steht auf einem anderen Blatt. Denn betrachtet man sich die Wirtschaftspolitik der Regierung, muss man sagen: Die Konjunktur brummt trotz der Regierung Merkel.

Und hier beginnt die Negativkritik: Merkel fehlt der innenpolitische Kompass. Ihr Motto "Mehr Freiheit wagen" blieb ein Lippenbekenntnis. Die Mega-Erhöhung der Mehrwertsteuer, das bürokratische Monster "Gesundheitsreform" und die steigenden Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung gehen auch auf ihre Kappe. Ihr fehlte der Mut, das Anti-Diskriminierungsgesetz und die Rück-Reform beim Arbeitslosengeld I zu verhindern. Es gibt nicht ein einziges gelungenes Reformstück, das die Handschrift der CDU-Kanzlerin trägt. Selbst die guten Initiativen zur Familien- und Klimaschutzpolitik sind ursozialdemokratische Themen.