Die Fassade der Beate Zschäpe

Sie spielte die nette Nachbarin und hielt offenbar ihren mordenden Komplizen den Rücken frei.

Düsseldorf. Schwarzer Hosenanzug, weiße Bluse, lange dunkle Haare, dazu große silberne Ohrringe. Die als Mittäterin angeklagte Beate Zschäpe wirkt am Montag zum Beginn des NSU-Prozesses in München gepflegt. Dennoch sieht die 38-Jährige bleich und müde aus.

Kein Vergleich zum Sommer 2011. Auf der Ostseeinsel Fehmarn wird ein Inselporträt gedreht, Motiv ist eine Freiluft-Fitnessgruppe. Braun gebrannt bewegt sich eine junge Frau in Sportkleidung im Rhythmus der Musik. Beate Zschäpe macht mit ihren mutmaßlichen NSU-Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Urlaub auf Fehmarn. Sie fürchtet das Kamerateam nicht, obwohl das Trio da offenbar schon zehn Menschen ermordet hat.

Gefunden haben die Bilder von Fehmarn Journalisten des NDR. In der TV-Dokumentation „Die Nazi-Morde“ zeigen sie das Leben der in Jena geborenen Zschäpe im Untergrund. Ein Leben, das nicht im Verborgenen stattfindet, sondern eher ein freies Bewegen unter falschem Namen ist.

Bis zu fünf Wochen campt das Trio an der Ostsee — Stellplatzpreis mit Meerblick: 800 Euro pro Woche. Zschäpe soll das bei Raubüberfällen erbeutete Geld verwaltet haben. Die Männer spielen auf dem Zeltplatz mit Kindern, machen Bootsausflüge. Abends wird gegrillt, Spießbürgertum zwischen Kartoffelsalat und Plastikstühlen.

In Zwickau leben die Drei im Stadtteil Marienthal. Die Mieten sind niedrig, viele Häuser stehen leer. Laut Nachbarin Heike K. wohnt das Trio in einer der schlimmsten Straßen der Stadt. Hier im Milieu der Gescheiterten lebt Zschäpe als „Lisa Dienelt“. Ihre Aufgabe soll gewesen sein: Den Kontakt zu den Nachbarn zu halten, um die Fassade aufrechtzuerhalten.

„Für mich war sie wie eine große Schwester, sie war in der Familie drin, es war mehr als Freundschaft“, sagt Ex-Nachbarin Heike K. Zschäpe feierte demnach oft mit den Nachbarn im Hof, kümmert sich um die Kinder der Nachbarn. Viel preis gibt die Tochter eines Rumänen und gelernte Gärtnerin nicht von sich.

Während „Lisa Dienelt“ die nette Nachbarin von nebenan gibt, plant Beate Zschäpe mutmaßlich die Taten der NSU mit. Tausende Anschlagsziele werden demnach diskutiert, Fluchtwege geplant, nach einem Umzug gleicht die letzte Wohnung mit Alarmanlage, geladenen Waffen und Sprengstoff einer Festung.

Nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt soll der laut Heike K. „herzensgute Mensch“ Beate Zschäpe ein Video an die Presse verschickt haben. Der Inhalt: Eine Verhöhnung der NSU-Opfer im Comic-Stil. Am 8. November 2011 stellt sich Zschäpe.