NSU-Prozess: So viele Fragen, so wenig Gerechtigkeit

Im Münchner Prozess sind Enttäuschungen programmiert.

Wenn man seine Erwartungen ein ganzes Stück zurückschraubt, lässt sich aus dem ersten Prozesstag gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und deren vier mutmaßliche Helfer tatsächlich so etwas wie eine gute Nachricht destillieren: nämlich die, dass das Verfahren am Montag überhaupt begonnen hat. Dies war nach dem wochenlangen, ebenso überflüssigen wie unwürdigen Geplänkel um die Verteilung der Presseplätze nicht unbedingt eine ausgemachte Sache.

Weniger überraschend kam der Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Dieses Vorgehen von Zschäpes Verteidigern Sturm, Heer und Stahl gehört nicht nur zum juristischen Einmaleins, sondern ist nach den einseitig verordneten Sicherheitskontrollen für das Juristen-Trio sogar nachzuvollziehen. Vermutlich wird es im Laufe der kommenden zweieinhalb Jahre, die der Prozess geschätzt dauern soll, nicht der einzige Antrag dieser Art bleiben.

Ob am Ende alle Fragen beantwortet sein werden, ist fraglich. Zu bezweifeln ist gar, ob der spätere Urteilsspruch viel mit Gerechtigkeit im landläufigen Sinn zu tun haben wird und kann. Das hat weniger mit dem Anklagepunkt der Mittäterschaft gegen Zschäpe zu tun, der Experten zufolge schwierig zu beweisen sein dürfte und folglich auf tönernen Füßen steht. Vielmehr sind es die vielfach überzogenen Hoffnungen der Öffentlichkeit, die für Enttäuschungen sorgen werden.

Denn längst geht es nicht mehr um die Hauptsache, die persönliche Schuld der Angeklagten: Vielmehr soll das Gericht Antworten geben auf die offenkundigen Stümpereien von Verfassungsschutz und Polizei — wenn man sich dieser noch wohlwollenden Deutung anschließen möchte. Es soll den Angehörigen der Ermordeten Genugtuung verschaffen, weil sie jahrelang von den Behörden als Täter und/oder Mitwisser verleumdet wurden. Schließlich sollen Götzl und Kollegen mit ihrem Urteil auch noch einen Schlussstrich unter das Kapitel Naziterror ziehen.

Wenig von alledem kann das Gericht leisten. Es wäre ein Gewinn, wenn am Ende zweifelsfrei geklärt ist, wer genau gemordet und gebombt und wer geholfen hat. Juristisches Fingerhakeln mit Befangenheitsanträgen ist dafür kein Hindernis. Überzogene Erwartungen sind es schon.