Überwachungskameras: Kaum mehr Sicherheit, viel weniger Freiheit

Überwachungskameras verhindern Verbrechen nicht

Die Forderung hat nicht lange auf sich warten lassen. Wenige Tage nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon wird in Deutschland der Ruf nach flächendeckender Videoüberwachung laut. Das ist auf der einen Seite verständlich, andererseits ist es Ausdruck von ausgeprägtem Misstrauen und notorischer Hilflosigkeit.

Menschen wollen in Sicherheit leben. Darauf richten sie ihr Zuhause ein. Darum versichern sich so viele gegen alle möglichen Eventualitäten. Um das, was die Police nicht abdeckt, soll sich dann die Polizei kümmern. Es ist also kein Wunder, dass jene Applaus erhalten, die nun nach Kameras auf allen öffentlichen Plätzen rufen. Was in London möglich ist, sollte doch auch in Düsseldorf machbar sein.

Aber was wäre, wenn jeder Meter aller Bürger lückenlos überwacht und für einen befristeten Zeitraum sogar aufgezeichnet werden dürfte? Nichts, sagen jene, die meinen, wer nichts zu verbergen habe, brauche auch keine Kamera zu fürchten. Das ist im Grunde sicher richtig. Aber für eine Gesellschaft, die sich zu Recht rühmt, weitgehend frei, tolerant und offen zu sein, wäre das ein Offenbarungseid. Den Staat geht es grundsätzlich nichts an, wer sich wann wohin bewegt und welches Gebäude betreten hat. Für die Einwohner eines demokratischen Staates muss generell die Unschuldsvermutung gelten. Wenige Kriminelle dürfen nicht erreichen, dass eine ganze Gesellschaft unter Generalverdacht gestellt und gewissermaßen in Sippenhaft genommen wird.

Das aber geschähe, wenn die Konsequenz der Bomben von Boston wäre, dass es im öffentlichen Raum sowie in öffentlichen Gebäuden noch mehr Kameras, noch mehr Überwachung gäbe.

Zumindest wenn sich die politische Diskussion um öffentliche Sicherheit dreht, ist es beruhigend, die FDP in der Bundesregierung zu wissen. Die Worte von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mögen nach liberaler Litanei klingen, aber wahr sind sie doch. Es gibt genug Kameras, der Staat hat genügend elektronische Augen. Es reicht.

Denn Überwachungskameras verhindern Verbrechen nicht, sie helfen allenfalls, Täter schneller dingfest zu machen. Aber das Mehr an Sicherheit wiegt den Verlust an Freiheit nicht auf.