Steinbrück, der problematische Kandidat
Die SPD gibt sich auf ihrem Parteitag optimistisch
Jetzt geht‘s los. So lautet der Muntermacher der Sozialdemokraten. Ihr Bundesparteitag am Sonntag in Augsburg war durch und durch von diesem optimistischen Geist geprägt. Genauso wie der Bundesparteitag im Dezember in Hannover, als sich Peer Steinbrück den Seinen erstmals als Kanzlerkandidat empfahl. Fortan ging vieles los. Nur eben nach hinten. Welche Chancen hat die SPD also, um eine beliebte CDU-Kanzlerin aus dem Amt zu vertreiben und der rot-grünen Karte zum Stich zu verhelfen?
Dass sich diese Frage überhaupt stellt, ist erstaunlich genug. Denn es sind gute Zeiten für die SPD. Die gefühlte und tatsächliche Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Und die Menschen dürstet es wieder deutlich mehr nach sozialer Gerechtigkeit. Für viele ihrer Forderungen kann die SPD auf eine Mehrheit in der Bevölkerung bauen. Hinzu kommt eine schwarz-gelbe Koalition, die saft- und kraftlos vor sich hindümpelt. Hervorragende Bedingungen also für die Genossen.
Das Problem ist nur, dass die Partei einen großen Teil der politischen Entwicklung seit der Jahrtausendwende mitzuverantworten hat, aber jetzt erklärt, sie sei davon geläutert. Offenbar fällt es vielen Bürgern schwer, der SPD den strammen Schwenk nach Links abzunehmen.
Das Wir ist in Not. Dies mag auch am Kanzlerkandidaten liegen, der in Augsburg mit einer gefühlsbetonten Rede zwar seine Genossen zu überzeugen vermochte, aber für den Rest der Bevölkerung ein problematischer Bewerber bleibt. Als Rächer der Armen wird sich Peer Steinbrück bis Ende September jedenfalls kaum profilieren können.
Freilich ist damit noch nicht gesagt, dass Merkel Kanzlerin bleibt. Denn auch die Union kämpft mit Schwierigkeiten. Das Bestreben ihrer Spitzenfrau, unangreifbar zu sein, bringt einen schläfrigen Wahlkampf mit sich. Man glaubt sich zu sicher. Daraus erwächst für die C-Parteien ein Mobilisierungsproblem.
Das ist umso gefährlicher, als sich euro-kritische Gruppierungen wie die „Alternative für Deutschland“ anschicken, in den Gefilden der Union zu wildern. Es könnte also knapp zugehen. So wie bei der Landtagswahl in Niedersachsen, als sich die Waage um einen Hauch zugunsten von SPD und Grünen neigte. Ein Regierungswechsel aus Versehen — darauf spekuliert die SPD.