Anklage gegen Christian Wulff: Das wird peinlich und kleinkariert
Die Anklageerhebung gegen Christian Wulff ist überflüssig.
Historisch — das ist die richtige Bezeichnung dafür, dass gegen einen ehemaligen ersten Mann im Staat Anklage erhoben wird. Dass es dabei um Bestechlichkeit bei jemandem geht, der in seiner herausgehobenen Position besonders integer sein sollte, macht alles noch schlimmer. Zudem ist die Anklage überflüssig, weil es am Ende keinen Sieger geben wird.
Mit der Staatsanwaltschaft und Christian Wulff verhält es sich wie mit den berühmten zwei Zügen, die ungebremst aufeinander zufahren. Keiner kann sie stoppen. Die reichlich unsensibel agierenden Ermittlungsbehörden glauben, das Verfahren um jeden Preis durchziehen zu müssen. Obwohl sich die meisten juristisch verwertbaren Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten längst atomisiert haben.
Übrig geblieben ist ein im Vergleich zu den früheren Dimensionen der Anschuldigungen lächerlicher Vorwurf — es geht um ein paar Hundert Euro für Hotel und Essen während eines Wochenendes in München. Die Staatsanwaltschaft hatte mit ihrem von Wulff abgelehnten Angebot, das Verfahren gegen 20 000 Euro einzustellen, noch einen Versuch gestartet, die Sache zu beenden. Doch der war untauglich.
Jetzt wollen die Staatsanwälte keinen Rückzieher machen, weil sie fürchten, sich lächerlich zu machen. Wobei sie Letzteres wegen ihres ungeschickten Agierens eh schon getan haben.
Christian Wulff hingegen muss ebenfalls hart bleiben. Hätte er sich auf den Einstellungs-Deal mit der Justiz eingelassen, stünde er auf ewig in der Öffentlichkeit als Schuldiger da. Also geht er volles Risiko und stellt sich der Anklage. Im für ihn schlimmsten Fall wird er verurteilt.
Wobei angesichts der Erfahrung, wie während der 14 Monate Ermittlungen die Vorwürfe gegen ihn abschmolzen, seine Chancen auf einen Freispruch gut stehen. Noch sinnvoller wäre, das Landgericht Hannover ließe die Klage gar nicht erst zu — und würde damit Wulff und dem Land ein peinliches und kleinkariertes Verfahren ersparen.
Ob Einstellung oder Freispruch — wirklich rehabilitiert sein wird Wulff nie. Seine Ehe ist zerstört, finanziell steht er wahrscheinlich desaströs da. Und seine Chancen, jemals wieder in der Politik oder irgendwo sonst beruflich vernünftig Fuß zu fassen, sind sehr gering.