NRW Diesel: Landtag spricht sich gegen Fahrverbote aus

Alle Parteien des NRW-Landtags - bis auf die AfD - fordern von den Herstellern eine Nachrüstung älterer Diesel-Pkws.

Foto: dpa

Düsseldorf. Manchmal können Debatten schon innerhalb ihres Verlaufs den Anschluss an die Tagesaktualität verlieren. Während Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin ankündigt, die künftige Bundesregierung werde sich „alsbald“ mit der Möglichkeit einer blauen Plakette befassen, erteilt Klaus Voussem, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, im Düsseldorfer Landtag einer solchen Plakette weiter eine Absage: „Die blaue Plakette regelt nur die Ausnahmen von Fahrverboten, die wir ja vermeiden wollen.“

Dass sowohl Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke als auch Sven Wolf (SPD) das während einer von AfD und Grünen beantragten Aktuellen Stunde zum Diesel-Urteil anders sehen und die blaue Plakette mit Nachdruck fordern, ist keine Überraschung. Dafür die Einmütigkeit, mit der im Landtag nicht nur SPD und Grüne, sondern auch CDU und FDP auf Konfrontationskurs mit der Automobilindustrie gehen: „Die Automobilhersteller müssen endlich in die Pflicht genommen werden, ältere Dieselfahrzeuge auf eigene Kosten nachzurüsten“, fordert Bodo Middeldorf, verkehrspolitischer Sprecher der FDP. Auch Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) wiederholt ihre Forderung vom Vortag, die Automobilbranche müsse jetzt alle technischen Möglichkeiten der Nachrüstung prüfen.

Auch ansonsten geht ihre Stellungnahme nicht über das Pressestatement hinaus, das sie bereits am Dienstag nach dem Urteil abgegeben hatte. In die Bresche muss Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) springen. Er kontert die Vorwürfe der Opposition, die Landesregierung reagiere „sprachlos, untätig und orientierungslos“ (Wolf) auf das Urteil und lasse nicht erkennen, was sie über das schon längst Verabschiedete hinaus zu tun gedenke (Klocke). „Die Grenzwerte gibt es seit 2010“, hält Wüst SPD und Grünen entgegen. „Sie sind diejenigen, die es viel zu lange haben treiben lassen.“

Die Linie der Landesregierung: Das geplante Maßnahmenbündel genüge, um Fahrverbote überflüssig zu machen. Es reicht von der Nachrüstung und Modernisierung der Linienbusse über den Ausbau der Radwege sowie die Förderung der Elektromobilität und der Tankstellen-Infrastruktur für alternative Antriebsformen bis hin zur Nutzung der Digitalisierungschancen. Allein die AfD hält gleich die gesamte Debatte für überflüssig: Diese sei nur Folge eines unreflektierten Sprungs „über das EU-Ökostöckchen“.

Ob die Maßnahmen aber zeitnah wirken, ist umstritten. Zwar sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rainer Deppe (CDU) voller Überzeugung: „Die Luftqualität ist heute besser als vor zehn Jahren. Wir haben zwei Drittel des Weges geschafft.“ Aber ohne Nachrüstung älterer Diesel-Pkws halten viele das Ziel für nicht erreichbar, ohne Fahrverbote auszukommen.

Doch dafür müsste erst einmal die Rechtsgrundlage geschaffen werden: „Dringender denn je brauchen wir jetzt eine Nachrüstverordnung für ältere Dieselfahrzeuge“, fordert daher Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Erst damit gäbe es für weiteren Druck auf die Autoindustrie aus Bund und Land auch eine rechtliche Basis.