EU empört über Rechtspopulisten
Niederländer Wilders stellt Osteuropäer an den Pranger.
Brüssel. Geert Wilders, der niederländische Rechtspopulist und Dauer-Provokateur, hat die EU-Politik mal wieder mit einer gezielten politischen Rempelei aufgeschreckt: Auf einer Internetseite sollen die Holländer über missliebige Erfahrungen — Kriminalität, Drogen, Prostitution — mit Osteuropäern berichten.
Im Europa-Parlament und bei der EU-Kommission herrscht Empörung. Und Ratlosigkeit, wie genau man gegen die Stammtisch-Aktion vorgehen kann.
Die Pranger-Seite nennt sich „Meldestelle Mittel- und Osteuropäer”. Am rechten Rand der Seite strahlt der blonde Geert Wilders und verspricht drangsalierten Bürgern Hilfe: „Werden Sie von Mittel- oder Osteuropäern belästigt?”, will der 48-jährige Fraktionschef der Partij voor de Vrijheid (PVV) wissen. „Sind Sie Ihren Job losgeworden an einen Polen, Bulgaren, Rumänen?” Dafür biete die PVV jetzt eine „Plattform für Beschwerden” an.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding ist entsetzt: Die PVV-Seite laufe den europäischen Vorstellungen von Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit völlig zuwider. „Sie ruft die Leute offen zur Intoleranz auf.” EU-Parlamentschef Martin Schulz bekundete zum Auftakt der jüngsten Plenumssitzung „größte Sorge”.
Sein Nachfolger an der Spitze der Sozialdemokratischen Fraktion, der Österreicher Hannes Swoboda, sprach von „Diskriminierung und Stigmatisierung”. Die holländische EU-Kommissarin Neelie Kroes versicherte in einem Blog, „dass Menschen, die in die Niederlande kommen, hart arbeiten, und viele unter uns auf ihre Beiträge angewiesen sind”.
Betroffene EU-Partnerländer, vor allem Polen und Rumänien, machten ihrer Verärgerung auf diplomatischen Wegen Luft. Die niederländische Arbeitgeber-Organisation VNO-NCW verlangte, die Haager Regierungskoalition aus Liberalen und Christdemokraten müsse sich von „dieser Dämonisierung” distanzieren.
Ministerpräsident Mark Rutte freilich dreht und windet sich: Seine Regierung hat im Parlament keine Mehrheit. Wilders Truppe sorgt für die nötigen Stimmen, zum Beispiel bei den Beschlüssen über Rettungsschirme in der Euro-Krise. Dafür darf die PVV unbehelligt gegen Ausländer Stimmung machen.
Freilich tut sich auch die EU in Brüssel schwer, Wilders wirksam in die Parade zu fahren. Die Rechtslage biete wenig Handhabe, erläuterte Redings Sprecher: Für Einzelfälle von Diskriminierung seien die nationalen Gerichte zuständig, in letzter Instanz der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, nicht die EU. „Wir sind nicht der Schutzmann der Grundrechte.”
Entsprechend ungerührt gibt sich Wilders: „Europa kann mich mal . . .!” Man habe bis Anfang der Woche schon mehr als 32 000 Beschwerden entgegengenommen. „Die Seite trifft ins Schwarze. Wir kümmern uns um Fakten. Das Gerede von Diskriminierung ist fantastischer Unsinn.”