Fajads Rücktritt bringt Palästinenser in Nöte

Der versierte Regierungschef galt als Liebling des Westens. Die Hamas aber lehnt ihn als Verräter ab.

Ramallah. Mit Salam Fajad hat der Westen seinen verlässlichen Schatzmeister in der Palästinenserbehörde verloren. Der 61-Jährige galt als Garant gegen Verschwendung internationaler Hilfsgelder und Vetternwirtschaft im Westjordanland. Sein Rücktritt könnte weitreichende Folgen haben. Israelische Kommentatoren sehen ihn als erstes Anzeichen für einen Zusammenbruch der Palästinenserbehörde von Präsident Mahmud Abbas. Dieser hatte am Samstag angesichts einer schweren Vertrauenskrise das Rücktrittsgesuch des Ministerpräsidenten akzeptiert.

Fajad war Liebling des Westens. Doch gerade dessen allzu enge Umarmung könnte seinen Abgang beschleunigt haben. Anlass des Bruchs zwischen Abbas und Fajad war ein Streit über den Rücktritt von Finanzminister Nabil Kassis. Abbas sah es als Affront an, dass Fajad dessen Rücktrittsgesuch gegen seinen Willen und während seiner Abwesenheit im Ausland akzeptiert hatte.

Doch die Meinungsverschiedenheiten gehen tiefer. Fajad, der seit 2007 im Amt war, habe die Autorität des Palästinenserpräsidenten aus dessen Sicht untergraben, „weil er immer mehr Entscheidungen getroffen hat, ohne ihn zu fragen“, sagte ein palästinensischer Journalist. Für Fajad sei es auf der anderen Seite sehr schwer gewesen, Verantwortung an Kassis abzutreten.

Die vertrauten Beziehungen Fajads mit dem Westen waren vielen Mitgliedern von Abbas’ Fatah-Bewegung ein Dorn im Auge. Sie warfen dem unabhängigen Kandidaten vor, ihnen wichtige Ämter vorzuenthalten. Die im Gazastreifen herrschende Hamas lehnte Fajad als Verräter ab. Fajad hatte sich mehrmals bereiterklärt, sein Amt niederzulegen, um den Weg für eine Einheitsregierung von Hamas und Fatah zu bahnen. Doch die Versöhnung ließ jedes Mal wieder auf sich warten.

Ohne Fajad als Vertrauensfigur dürfte es für US-Außenminister John Kerry nun deutlich schwerer werden, Fortschritte im Nahost-Friedensprozess zu erzielen. Bei seinem jüngsten Besuch vor einer Woche hatte Kerry Fajad noch demonstrativ getroffen.

Der Politexperte Menachem Klein von der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv sieht die Palästinenser in einer „sehr schwere Krise“. „Abbas hat kein echtes Ziel, es gibt Anzeichen für einen beginnenden Zusammenbruch der Palästinenserbehörde“, sagte er.