Gedenken an die Katastrophe der Loveparade
Drei Jahre nach der Katastrophe bei der Loveparade sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Wird es Anklagen geben?
Duisburg. Sie wollten tanzen, feiern, das Leben genießen. Am Ende waren 21 Besucher der Loveparade in Duisburg tot. Erdrückt und erstickt in einem unvorstellbaren Gedränge am einzigen Ein- und Ausgang des Feiergeländes. Mehr als 500 Verletzte gab es. Drei Jahre ist das nun her. Die strafrechtliche Aufarbeitung des Unglücks dauert jedoch weiter an.
Vor allem Angehörige der Opfer und die Verletzten warten auf Ergebnisse. „Die Ermittlungen laufen weiter. Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Abschluss“, sagt Oberstaatsanwalt Michael Schwarz von der Duisburger Staatsanwaltschaft. Seine Behörde ermittelt gegen 16 Beschuldigte, darunter Mitarbeiter der Stadt Duisburg und des Veranstalters Lopavent. Ob und wann Anklage erhoben wird, ist weiter offen.
Wer ist verantwortlich für die Katastrophe? Geht es nach Zwischenergebnissen und Gutachten, sind viele Fehler gemacht worden. Der falsche Ort, zu wenig Sicherheitsleute, wie der „Focus“ aus einem Gutachten zitierte, fehlende Kameras, falsche Entscheidungen vor Ort. Angehörige und Verletzte, von denen viele noch an den Folgen des Unglücks leiden, können kaum glauben, dass keiner Verantwortung für das Geschehene übernimmt — der Veranstalter Lopavent nicht, die Stadt nicht und auch alle anderen nicht, die am Sicherheitskonzept mitgearbeitet haben.
Der renommierte Massendynamik-Professor Keith Still ist sogar zu dem Schluss gekommen, dass es nach dem von der Stadt genehmigten Konzept nicht einmal theoretisch möglich war, das Techno-Fest gefahrlos durchzuführen. Hätten die Verantwortlichen die Besucherströme addiert, hätten sie feststellen können, dass die Rampe auf das Gelände viel zu klein war, lautet seine Analyse.
Ob es jemals zur Anklage kommen wird, hält Kriminologie-Professor Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum nicht für sicher. „Die Staatsanwaltschaft wird nur dann Anklage erheben, wenn sie mit 99-prozentiger Sicherheit mit einer Verurteilung rechnet.“ Für eine Verurteilung müsse zweifelsfrei nachgewiesen sein, dass die Person wesentlich zum Tod oder zu Verletzungen beigetragen habe. Aufgrund der komplexen Kette von Ereignissen bei der Katastrophe sei diese Beweisführung äußerst schwierig. Der Kriminologe fordert einen unabhängigen Untersuchungsausschuss.
Solch einen Ausschuss hält Jürgen Hagemann vom Verein „Loveparade Selbsthilfe“ für überholt. Die Staatsanwaltschaft habe inzwischen ausermittelt. „Wir gehen davon aus, dass es zur Anklageerhebung kommen wird.“ Hagemann hatte aber mehr erwartet. „Es hat nicht einmal eine Suspendierung oder Versetzung gegeben“, beklagt er. Opferanwalt Julius Reiter erwartet, dass es noch in diesem Jahr zur Anklageerhebung kommt.
Am heutigen Jahrestag treffen sich Angehörige und überlebende Opfer am ehemaligen Loveparade-Gelände. Am Abend gibt es eine Gedenkveranstaltung in der Salvatorkirche.