Genossen in Therapie
Für die Führung der SPD, allen voran Sigmar Gabriel, ist dieser Leipziger Parteitag eine Gratwanderung. Einerseits trägt sie die Hauptverantwortung für die Wahlniederlage vom 22. September. Andererseits darf die Selbstkasteiung nicht so weit gehen, dass die Regierungsoption mit der ungeliebten Union verschüttet wird.
Schon die letzte große Koalition zwischen 2005 und 2009 hat die Partei-Basis als Verrat an den sozialdemokratischen Überzeugungen empfunden. Jetzt ist ihre Befürchtung groß, dass sich dies wiederholt. Über einen Koalitionsvertrag hat noch keine Partei ihre Mitglieder abstimmen lassen. Gerade das ist Gabriels Trumpf im Spiel.
Sollten die SPD-Mitglieder am Ende für eine Regierung mit der Union votieren, wären die Koalitionsverhandlungen allerdings nicht nur ein Mittel erfolgreicher Selbsttherapie gewesen. Schwarz-Rot hätte dann auch eine ganz besondere Legitimation. Geht das Votum schief, bricht in der SPD das Chaos aus. Und Gabriel hätte sein Blatt überreizt.