Gesetzentwurf: Mehr Schutz für Arbeitnehmer
Die Bundesregierung will eine ausufernde Überwachung künftig verhindern.
Berlin. Thomas de Maizière würde es selbst nicht wollen: Ein Kandidat X bewirbt sich beim Unternehmen Y, und der Personalchef schleicht sich als virtueller Freund in eines der sozialen Netzwerke im Internet, um an Informationen über den Job-Anwärter zu gelangen.
Hier schieben der Bundesinnenminister und das Bundeskabinett jetzt einen Riegel vor. "Wilde Fotos aus der Studentenzeit" hätten den möglichen künftigen Arbeitgeber eines Bewerbers nicht zu interessieren, sagte der CDU-Politiker zu dem am Mittwoch vorgelegten Gesetzentwurf "zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes".
Der Arbeitgeber dürfe sich zwar aus "allen allgemein zugänglichen Quellen" wie Zeitung oder Internet über einen Bewerber informieren, aber soziale Netzwerke wie Facebook, Stayfriends oder studiVZ gingen einen potenziellen Arbeitgeber nichts an. "Der Arbeitgeber ist kein Freund", stellt der Innenminister fest.
Der Gesetzentwurf, über den in den kommenden Wochen Bundesrat und Bundestag beraten, ist Folge und Reaktion auf ausufernde Überwachung von Mitarbeitern in Konzernen, die in den vergangenen beiden Jahre aufgedeckt worden waren. So waren im Falle der Bahn immense Mengen Mitarbeiterdaten von einer eigens engagierten Detektei abgefangen und abgeglichen worden.
Das Gesetz gestattet demnach automatisierte Abgleiche von Mitarbeiterdaten nur noch dann, wenn es darum geht, Straftaten oder andere schwerwiegende Pflichtverletzungen aufzudecken. Dabei müssten "Tatsachen" vorliegen, betont de Maizière. Daten von Beschäftigten dürften folglich nicht auf der Basis von Gerüchten erhoben werden.
Und: Die Daten müssen in anonymisierter und pseudonymisierter Form verarbeitet werden und dürfen nur im konkreten Fall personalisiert, also einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden. Außerdem müssen die Beschäftigten nach dem Datenabgleich darüber unterrichtet werden.
Dem Entwurf zufolge darf der Arbeitgeber Daten künftig auch nur dann "ohne Kenntnis" der Betroffenen erheben, wenn ein "konkreter Verdacht" auf eine Straftat oder auf eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung besteht.
Konzerne, die Mitarbeiter per Video überwachen ließen, sollen es vom Gesetzgeber bald schriftlich bekommen, dass heimliche Videoüberwachung von Beschäftigten in jedem Fall unzulässig ist.
Dagegen wird die offene Videoüberwachung beispielsweise von Ein- und Ausgängen eines Betriebsgeländes oder in einem Verteilzentrum für Wertbriefe erlaubt. Auch die Ortung von Mitarbeitern über Navigationssatelliten wird, abhängig von der Sparte oder der Art der Beschäftigung, zulässig sein. "Ein Spediteur muss wissen können, wo in Spanien sein Lkw gerade unterwegs ist", sagt der Bundesinnenminister.
Auch bei Gesundheitsuntersuchungen von Arbeitnehmern differenziert der Gesetzgeber. Eine HIV-Untersuchung sei beim Chirurgen zulässig, beim Möbelpacker aber nicht, so de Maizière.