Großbritannien: Sparen wird jeden treffen

Neue Regierung muss 188-Milliarden-Defizit abbauen.

London. Mit schonungsloser Offenheit bereitet Premier David Cameron den Weg für Schatzkanzler George Osborne und dessen rigorose Kürzungsliste. "Die Einsparungen werden die gesamte Bevölkerung treffen", warnte der Premier am Montag in einer Ansprache. Allein die Zinsen der Staatsschulden würden in den nächsten fünf Jahren auf 80 Milliarden Euro im Jahr steigen. "Schon jetzt geben wir mehr Geld für die Tilgung von Krediten als für unser Bildungssystem aus", sagte Cameron, "doch 2015 kosten uns die Zinsen mehr als Bildung, Verkehr und Klimaschutz zusammen." Die Einschnitte müssten deshalb mutig, umfassend und rasch erfolgen.

Die Regierung liebäugelt mit dem relativ schmerzfreien Kürzungssystem nach kanadischem Vorbild. Das Land hatte in den 90ern ein Staatsdefizit von 9,1 Prozent abbauen können. Dazu wurden die Budgets aller Ministerien um 20 Prozent gekürzt und viele Projekte komplett eingestellt. Wie einst Kanada, so plant nun auch die britische Regierung eine Art Super-Plenum erfahrener Kabinetts- und Finanzexperten, vor dem jedes Ministerium in Zukunft seine Ausgaben rechtfertigen muss.

Durch den Ansatz, einzelne Bereiche eher vollständig zu schließen statt überall etwas zu kürzen, erhofft Cameron sich eine schnelle Wende der Finanzmisere. Großbritanniens Haushaltsdefizit ist auf die Rekordhöhe von 188Milliarden Euro und damit elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.

Cameron betonte zwar, dass das Königreich besser positioniert sei als Griechenland, doch er warnte auch vor einer Verschleppung der Probleme: "Die globalen Finanzmärkte schauen nicht mehr nur auf die Banken. Sie wollen jetzt auch sehen, dass die Regierungen, die den Banken in den letzten 18 Monaten geholfen haben, ihre eigenen Finanzprobleme in den Griff kriegen."

Die Regierung hat sich selbst bereits fünf Prozent der Minister- und Abgeordnetendiäten gekürzt. Außerdem werden noch dieses Jahr die Willkommensprämien für Neugeborene gestrichen. Die Rezeptgebühren für chronisch Kranke bleiben erhalten. Das volle Ausmaß des Sparprogramms wird erst am 22. Juni deutlich, wenn das Parlament seinen Nothaushalt vorstellt. In der Sommerpause herrscht dann eine inoffizielle Urlaubssperre: Premier Cameron will, dass die gesamte Regierung an der Umsetzung der Pläne arbeitet.