Gründungsgipfel: Mittelmeerunion als Baustelle

Gipfel: Der Grundriss steht, doch die Ausgestaltung der gemeinsamen Projekte ist noch vage.

Paris. Von außen sieht das ehemalige Pariser Weltausstellungsgebäude so beeindruckend aus wie bei seiner Eröffnung vor mehr als hundert Jahren. Im Inneren ist das Grand Palais mit seiner riesigen Stahl- und Glaskuppel eine Baustelle.

Dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy ausgerechnet hier den Gründungsgipfel der Mittelmeerunion abhielt, war wohl eine Platzfrage und nicht symbolisch gemeint.

43 Länder folgten seinem Ruf, den Beziehungen Europas mit den Ländern in Nordafrika und im Nahen Osten neuen Schwung zu geben. Sarkozys wohl größter Erfolg: Erzfeinde wie Syrien und Israel fanden sich erstmals seit Jahren wieder an einem Tisch. Doch über die Mittelmeerunion wird auch nach dem Sonntag weiter gestritten.

"Ein Traum wird wahr", sagte der französische Außenminister Bernard Kouchner. "Durch uns finden sich 800 Millionen Menschen friedlich vereint wieder." Nirgendwo sonst auf der Welt seien die Probleme des 21. Jahrhunderts sichtbarer als am Mittelmeer: der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, die Versorgung mit ausreichend Wasser und Energie. "Wir können nur dadurch gewinnen, wenn wir unsere Beziehungen verstärken".

Fast eineinhalb Jahre lang warb Sarkozy für sein Projekt, nachdem der 1995 eingeleitete Barcelona-Prozess der EU mit den Mittelmeerländern kaum noch von der Stelle kam. Doch wie so oft war Abstimmung nicht Sarkozys Stärke. Im Oktober überrumpelte er die EU-Partner mit dem Termin für den Gründungsgipfel - und noch mehr mit seiner Absicht, nur Anrainer des Mittelmeers aufzunehmen.

Dagegen ging Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die Barrikaden und setzte sich durch. Nun sind alle 27 EU-Staaten mit von der Partie. Und Sarkozys Lieblingsprojekt ist eine Fortsetzung der bisherigen EU-Initiative mit dem neuen sperrigen Namen "Der Barcelona-Prozess: Union für das Mittelmeer".

Auch mit den südlichen Mittelmeeranrainern waren die Verhandlungen schwierig, denn für Sarkozy kam die Gründung der Union ohne Israel nicht in Frage. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi nicht teilnahm. Doch gerade in Sachen Nahost gab es Fortschritte in Paris.

Die Mittelmeerunion bleibt dagegen ein zartes Pflänzchen mit ungewisser Zukunft. Die Entscheidung, wo das Sekretariat angesiedelt werde soll, wurde schon vor dem Gipfel verschoben. Auch die von Sarkozy angestrebten "konkreten" Projekte zu Umweltschutz, Wirtschaft und Entwicklung bleiben vage.

Offen ist insbesondere die Frage der Finanzierung: Kouchner sagte, die bloße Beibehaltung der EU-Gelder aus dem Barcelona-Prozess reiche "wahrscheinlich nicht aus". In der EU ist aber keine Bereitschaft erkennbar, weitere Milliarden locker zu machen. Ob diese Fragen zum Ende der französischen EU-Ratspräsidentschaft Ende Dezember geklärt werden können, ist offen.