Hartz-IV: Schlechte Aussichten für Spitzenrunde
Seit Wochen treten die Verhandlungen von Bund und Ländern um Korrekturen bei der Hartz-IV-Reform auf der Stelle. Bei einer neuen Verhandlungsrunde wollten Spitzenvertreter aus Koalition und Opposition am Montagabend in Berlin Kompromisse ausloten.
Berlin (dpa). Die Zeit für einen Kompromiss im Hartz-IV-Streit wird knapper. Auch vor einem Spitzentreffen von Union, FDP, SPD und Grünen am Montagabend in Berlin standen die Aussichten auf einen Durchbruch bei den seit Wochen festgefahrenen Verhandlungen eher schlecht.
Die Beteiligten streben bis spätestens 11. Februar, zur nächsten Sitzung des Bundesrates, eine einvernehmliche Lösung an. Es geht dabei um drei Themen: die Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes, das Bildungspaket für bedürftige Kinder und eine faire Entlohnung für Leiharbeiter.
Vor dem Treffen wurde am Montag eine Berechnung aus dem Bundesarbeitsministerium bekannt, derzufolge der Hartz-IV-Regelsatz unter besonderen Umständen auf 370 Euro angehoben werden könnte. Dazu müssten aus der für die Berechnung herangezogenen unteren Einkommensgruppe die sogenannten Aufstocker mit einer Unterstützung von maximal 100 Euro herausgenommen werden.
Ein Ministeriumssprecher betonte, dies sei „kein Angebot an die Opposition“, sondern eine von dieser erbetene Rechenvariante. Bisher ist beim Regelsatz eine Erhöhung um 5 auf 364 Euro vorgesehen.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rief die Koalition erneut zu Zugeständnissen bei allen drei strittigen Themen auf. Er warnte die Bundesregierung vor der „falschen Vorstellung“, die SPD müsse den bisherigen Regierungsvorschlägen zustimmen und könne das Vorhaben nicht auch scheitern lassen. „Wir sind kompromissbereit, aber nicht um jeden Preis“, sagte Gabriel.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sah keine Notwendigkeit, schon beim Spitzentreffen an diesem Montag einen Kompromiss zu finden. Er wolle zügig zu einem guten Ergebnis kommen - „aber entscheidend ist das gute Ergebnis“, sagte Gröhe nach einer CDU-Präsidiumssitzung.
Gabriel sagte, die SPD lege es nicht auf ein Scheitern der Verhandlungen an, sei vielmehr „bereit, bis in die Nacht des 11. Februar zu verhandeln“. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) müsse sich aber in allen drei Punkten bewegen.
Der nordrhein-westfälische Sozialminister Guntram Schneider (SPD) machte vor Beginn der Gespräche klar, dass es bei der von der Bundesregierung geplanten Aufstockung des Regelsatzes um 5 auf 364 Euro nicht bleiben könne. Eine „nur kosmetische Erhöhung geht auf keinen Fall“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Wir sind nicht bereit, faule Kompromisse einzugehen.“
Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, warnte Koalition, SPD und Grüne vor einer „Verabredung zum Verfassungsbruch“. Die Linkspartei war zu dem Treffen am Montag nicht eingeladen.
DGB-Chef Michael Sommer forderte SPD und Grüne auf, bei ihren Forderungen hart zu bleiben. „Ohne echte Fortschritte beim Bildungspaket, vor allem aber bei Mindestlöhnen und Zeitarbeit, darf es keinen Kompromiss im Vermittlungsausschuss geben“, sagte er „Spiegel online“.