Helfer: „Es ist wie in einem Horrorfilm“

Tränen, Fassungslosigkeit und Wut: In Italien sitzt der Schock nach dem Untergang des Bootes mit vielen Toten tief.

Lampedusa. Den Einsatzkräften auf der Insel Lampedusa bietet sich ein Bild des Grauens. Im Hafen tragen Helfer Leichen davon, Dutzende weitere Tote liegen in 40 Meter Tiefe auf dem Meeresboden. „Es ist wie in einem Horrorfilm, da unten ist eine Masse von eingeklemmten Körpern, einer über dem anderen im Laderaum“, sagte Taucher Rocco Canell, der zu dem gesunkenen Flüchtlingsboot vordrang.

Mehr als 100 Menschen sind am Donnerstag bei einer der schlimmsten Flüchtlingstragödien der vergangenen Jahre in Italien ums Leben gekommen, es wird mit Dutzenden weiteren Opfern gerechnet. Auch am Tag danach herrscht auf Lampedusa Fassungslosigkeit, viele Geschäfte bleiben geschlossen.

Unmittelbar nach dem Unglück reihten sich im kleinen Hafen grüne, blaue und schwarze Leichensäcke aneinander. „Es ist ein Horror“, sagte Bürgermeisterin Giusi Nicolini unter Tränen. Der Arzt Pietro Bartolo erzählte: „In vielen Jahren der Arbeit hier habe ich noch nie etwas Vergleichbares gesehen.“ Er will helfen, kann jedoch kaum noch etwas tun. „Unglücklicherweise brauchen wir keine Krankenwagen mehr, sondern Särge.“ Dutzende Tote, darunter auch Kinder, und Hunderte Vermisste — das ist die Bilanz der Katastrophe.

Dramatische Szenen spielten sich ab: Das 20 Meter lange Boot ist mit mehr als 500 Menschen völlig überfüllt. Kurz vor der Küste hat es einen Defekt und kann nicht weiterfahren. Um auf sich aufmerksam zu machen, entzünden die Flüchtlinge eine Decke. Doch das Feuer gerät außer Kontrolle. Auf dem Boot bricht Panik aus, es kentert. Hunderte Menschen stürzen ins Meer, viele der Migranten aus Eritrea und Somalia ertrinken.

Vor allem der Bürgerkrieg in Syrien und Unruhen nach dem Arabischen Frühling treiben viele Menschen aus ihren Heimatländern nach Europa. „Beten wir für die Opfer des tragischen Schiffbruchs vor Lampedusa“, schrieb Papst Franziskus auf Twitter. Das Flüchtlingsdrama sei eine „Schande“. Der Papst hatte die Insel im Juli besucht und eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ angeprangert.