Lindner sortiert die Liberalen neu

Der designierte Parteichef will die FDP 2017 wieder in den Bundestag führen — und gibt schon mal die Richtung vor.

Berlin. Noch ist er nicht Vorsitzender der FDP, sondern nur Kandidat, noch dazu ein selbst ernannter. Doch benimmt sich Christian Lindner, Landes- und Fraktionschef in NRW, schon wie der neue Boss. Am Freitag stellte er Nicola Beer als künftige Generalsekretärin der Liberalen vor, die Patrick Döring ablösen wird. Außerdem gab der 34-Jährige ein paar inhaltliche Grundentscheidungen vor: Die FDP soll sich nicht mehr nur an die Union als Koalitionspartner binden und neben der wirtschaftlichen Kompetenz auch „gesellschaftliche Sensibilität“ zeigen.

Dass Lindner so frei handeln kann, liegt daran, dass er nach dem Wahldesaster der einzige verbliebene Hoffnungsträger der FDP ist. Spitzenkandidat Rainer Brüderle sowie Noch-Vizekanzler und Parteichef Philipp Rösler hätten deutlich gemacht, dass sie künftig „keine aktive Rolle“ mehr spielen wollten, sagte Lindner. Auch von Dirk Niebel, Noch-Entwicklungsminister, sei ihm Gegenteiliges nicht bekannt. Damit ist die bisherige Parteispitze raus.

Lindner setzt für den Neuanfang auf Nicola Beer als Generalsekretärin. Die 43-Jährige ist Kultusministerin in Hessen, doch scheidet die bei der Landtagswahl stark geschwächte Landes-FDP dort wohl aus der Regierung aus. Die Rechtsanwältin könnte zudem Jörg-Uwe Hahn als Landeschef beerben. Wer noch in die engere Führung kommt, ist unklar. Anfang Dezember soll sie auf einem Sonderparteitag in Berlin gewählt werden. Der Schleswig-Holsteiner Wolfgang Kubicki, Hamburgs Landeschefin Katja Suding und der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow, der jetzt schon Parteivize ist, gelten als aussichtsreiche Bewerber für die drei Stellvertreterposten. Offen ist, wie der starke Landesverband Baden-Württemberg vertreten sein wird und was aus Noch-Gesundheitsminister Daniel Bahr wird.

Der Neuaufbau soll aus den Ländern kommen. Dort sitzt die FDP in neun Parlamenten. Sie hat zusammen mit den Europaabgeordneten insgesamt noch 104 Parlamentarier. Ihre Fraktionschefs trafen sich dieser Tage in Stuttgart und verabschiedeten eine Erklärung. Man wolle dem Zeitgeist einer staatsfixierten Politik das Modell einer modernen sozialen Marktwirtschaft gegenüberstellen, hieß es.

Allerdings bahnen sich auch schon Auseinandersetzungen um Lindners Kurs eines „mitfühlenden Liberalismus“ an. Der als wirtschafsliberal geltende Zastrow warnte vor einer Öffnung gegenüber SPD, Grünen oder Linkspartei. Das seien „allesamt Sozialisten“. Lindner konterte mit dem Hinweis, an der Bereitschaft der Union zu Steuererhöhungen im Zuge einer großen Koalition sehe man doch, „dass das auch bei der CDU keine Frage der Überzeugung, sondern nur noch Verhandlungssache ist“.

Lindner will 2017 zurück in den Bundestag und spricht von einer „Parlamentspause“ bis dahin. Die 40-köpfige Bundesgeschäftsstelle wird personell wohl halbiert, denn die FDP erhält vier Millionen an staatlicher Kostenerstattung weniger — jährlich. Das Spendenaufkommen geht zurück. Die neue Generalsekretärin immerhin verursacht keine neuen Kosten. Der Posten ist bei den Liberalen ehrenamtlich.