Joachim Gauck: „Unser Land ist keine Insel“

Der Bundespräsident fordert, dass sich Deutschland neu aufstellt.

Stuttgart. Bundespräsident Joachim Gauck hat am Tag der Deutschen Einheit von der künftigen Bundesregierung mehr außenpolitischen Einsatz in einer Welt voller Krisen und Umbrüche gefordert. „Unser Land ist keine Insel“, sagte das Staatsoberhaupt beim zentralen Festakt zum 3. Oktober in Stuttgart. Deutschland müsse sich stärker an der Lösung politischer, wirtschaftlicher und militärischer Konflikte beteiligen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob hervor, dass es weiterhin zu große Unterschiede zwischen Ost und West gebe.

Zum 23. Jahrestag der Deutschen Einheit richtete Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann als erster grüner Regierungschef die Feiern aus. Die Behörden sprachen von rund einer halben Million Besucher. In Berlin kamen Tausende zu einem Straßenfest am Brandenburger Tor.

Gauck betonte, die Bundesrepublik dürfe andere Länder nicht bevormunden. „Ich mag mir aber genau so wenig vorstellen, dass Deutschland sich klein macht, um Risiken und Solidarität zu umgehen.“ Unmittelbar vor den Sondierungen für eine neue Koalition spielte Gauck offensichtlich auf die umstrittene Rolle Deutschlands in der Eurokrise und bei internationalen Konflikten wie in Syrien an.

Zudem müssten Kanzlerin Merkel und ihre Mitstreiter die Folgen der alternden Gesellschaft meistern, sagte der 73-jährige Gauck. „Wenn die Gesellschaft der Wenigeren nicht eine Gesellschaft des Weniger werden soll, dann dürfen keine Fähigkeiten brachliegen.“ Die Politik habe sich zwar auf den Weg gemacht. „Aber sie bewegt sich nicht immer schnell genug.“ Der Bundespräsident sieht die Politik angesichts der NSA-Spähaffäre auch in der Pflicht, für den Datenschutz zu kämpfen. Er müsse „so wichtig werden wie Umweltschutz“, forderte Gauck.

Die Einheitsfeiern unter dem Motto „Zusammen einzigartig“ richtete in diesem Jahr Baden-Württemberg aus, da Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Vorsitz im Bundesrat innehat.