„Ich kämpfe weiter für die Freiheit“

Der während der Revolution berühmt gewordene Blogger Maikel Nabil Sanad (27) spricht über die Probleme Ägyptens.

Krefeld. Maikel Nabil Sanad ist in Ägypten zu einem der Gesichter der Revolution geworden. Der Aktivist kritisierte über seinen Internet-Blog die Menschenrechtsverletzungen des Militärs und musste dafür ins Gefängnis. Der 27-Jährige verschaffte sich international Gehör und wurde für den Friedensnobelpreis 2012 nominiert.

Herr Nabil, die politische Situation in Ägypten ist prekär. Ist in Ihrem Heimatland eine Autokratie der nächsten gefolgt?

Maikel Nabil Sanad: Die Menschen besitzen weiterhin nicht das Recht auf freie Meinungsäußerung. Zudem gibt es noch viele Menschenrechtsverletzungen. Willkürliche Verhaftungen sind an der Tagesordnung.

Was dafür sorgte, dass sich die Verhaftungen von Zivilisten in der Zeit des Militärrates um ein Vielfaches erhöhte. . .

Nabil: Ja. Während der Zeit des Militärrats wurden geschätzte 12 000 Menschen vor ein Militärgericht gestellt. In der 30-jährigen Herrschaftszeit Mubaraks sind ,nur’ 2000 Zivilisten von Militärgerichten abgeurteilt worden. Das Militär beschäftigt heute bis zu zwei Millionen ,Mitarbeiter’ in zivil. Das gegenseitige Misstrauen ist deshalb groß.

Welche Interessen hegt das mächtige Militär in Ägypten?

Nabil: Es gibt eine große Verflechtung zwischen dem Militär und der Wirtschaft in Ägypten. 40 Prozent der ägyptischen Industrie und Wirtschaft unterliegen dem Militär, hinzu kommt der große Einfluss auf die Politik.

Warum gab es während der Revolution von Seiten des Militärs keine Angriffe auf die eigene Bevölkerung wie etwa in Syrien?

Nabil: Das ägyptische Militär wird mit Waffen und Software von EU-Ländern, Großbritannien und den USA unterstützt. Man wollte nicht den vollen Unmut dieser mächtigen Verbündeten auf sich ziehen.

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2012 sollten die ersten freien Wahlen seit dem Mubarak-Regime werden . . .

Nabil: Ägypten hat seit 60 Jahren keine freien Wahlen erlebt. Acht Millionen Stimmzettel waren bei der Wahl 2012 gefälscht. Dafür wurden Millionen Stimmen doppelt und dreifach gezählt. Zudem saßen viele Liberale zu Zeiten der Wahlen im Gefängnis und konnten nicht zur Wahl antreten.

Wie wichtig ist die Kommunikation über das Internet für Aktivisten in der heutigen Zeit geworden?

Nabil: Das Internet stellt eine Alternative dar. Damit besteht die Möglichkeit, Regierungen in anderem Ausmaß zu kritisieren. Meiner und andere Blogs waren eine Ressource, um dem ägyptischen Volk zu zeigen, was im Land wirklich passiert.

Haben Sie Angst vor der Etablierung eines Gottesstaates?

Nabil: Die Gefahr besteht. Sollte der Druck nach Freiheit und Gerechtigkeit nachlassen, könnte eine Situation wie im Iran entstehen.

Wohin wird Sie ihr Weg in Zukunft führen?

Nabil: Mein Plan ist es den Master an der Willy Brandt School of Public Policy zu machen. Danach will ich nach Ägypten zurückkehren und werde dort versuchen, mit einer liberalen Partei ins Parlament einzuziehen.

Haben Sie keine Angst vor der Rückkehr nach Ägypten?

Nabil: Ich habe immer unter diesen Umständen gelebt und es ist meine Heimat, in der ich zusammen mit vielen anderen Menschen versuche, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen.