Job: Die anonyme Bewerbung
Die Stadt Celle hat ihren Stadtwerke-Chef nach einem neuen Verfahren eingestellt.
Celle. Der Kandidat hat zwar eine hervorragende Qualifikation, sein Name und Aussehen indes verraten ausländische Wurzeln: Ob Thomas Edathy unter den 47 Bewerbern um die Stelle als Stadtwerke-Chef in Celle zur Vorstellung eingeladen worden wäre, ist fraglich. Da Celle den Spitzenposten jedoch als bundesweit erste Stadt mit einem anonymisierten Bewerbungsverfahren besetzte, machte er das Rennen.
Als einzige Kommune beteiligte sich Celle zunächst an einem Pilotprojekt — inzwischen werden anonyme Bewerbungen von acht Bundesländern sowie Firmen und Kommunen getestet. Name, Alter, Herkunft und Geschlecht der Kandidaten erfährt die Personalabteilung dabei zunächst nicht, auch ein Foto gibt es nicht.
Der neue Celler Stadtwerke-Chef Edathy räumte am Mittwoch ein, an der unbewussten Diskriminierung habe er sich früher selbst beteiligt. „Ich habe Bewerbungen teilweise danach aussortiert, ob Bewerber ausländische Namen hatten, wenn gute Deutschkenntnisse gefragt waren oder habe auf das Alter geguckt.“ Solche Benachteiligungen soll das in angelsächsischen Ländern praktizierte Verfahren vermeiden helfen.
„Ich war erst skeptisch“, erinnert sich Celles Personalchef Jockel Birkholz. „Im üblichen Verfahren gucke ich aufs Foto, auf den Lebenslauf, auf die Familienverhältnisse, da schwingen Wertvorstellungen mit, trotz aller Bemühungen um Objektivität.“
Ist das neue Verfahren ein Patentrezept, das dem besten Kandidaten zur Stelle verhilft? Bei der Stadt Hannover, die testweise mit anonymisierten Bewerbungen arbeitet, gibt es da auch Zweifel. „Wir sind nicht zu 100 Prozent überzeugt“, so ein Stadtsprecher.
Skeptisch äußert sich auch die Wirtschaft. „Bei großen Firmen gibt es eher die Bereitschaft, das zu machen, als bei Mittelständlern“, meint der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller. Inhabergeführte Firmen setzten lieber auf Gefühl und Menschenkenntnis und wollten von Anfang an sehen, ob der potenzielle künftige Mitarbeiter ins Team passe.
Lob für Celles Pionierarbeit hat Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Gerade im kommunalen Bereich könnten so Kungeleien verhindern, sagt sie. Thomas Edathy kam das vielleicht zugute — sein Bruder ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy. Dem schwarz-gelben Stadtrat hätte dies vielleicht nicht gepasst — dabei hat Thomas Edathy kein Parteibuch.