Abgehörtes Selbstgespräch ist kein Beweis
Im „Mordfall ohne Leiche“ ist die Verurteilung aufgehoben worden. Ergebnis des Lauschangriffs ist nicht verwertbar.
Köln/Karlsruhe. Ein Geständnis mit großem Fragezeichen: Das verurteilte Trio im Fall des „Mordes ohne Leiche“ kann sich Hoffnung auf einen Freispruch machen. Der Haupttäter hatte in einem in seinem verwanzten Auto abgehörten Selbstgespräch die Worte „tot gemacht“ ausgestoßen.
Bei seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft vor zwei Jahren hatte das Kölner Landgericht das als Geständnis gewertet. Zu Unrecht, entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH).
Im Gesetz steht, dass die Aufzeichnung in Privatwohnungen sofort zu unterbrechen ist, wenn die Äußerungen „dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind“. Darauf kann sich ein Täter berufen, wenn er etwa seiner Frau oder einem Seelsorger seine Tat gestanden hat und dabei abgehört wurde.
Diesen Schutz hat der BGH jetzt auf Selbstgespräche ausgeweitet, die außerhalb der eigenen vier Wände geführt werden.
Die Gedanken sind frei — das zählt zu den unverrückbaren Menschenrechten, erläutert der Vorsitzende Richter Thomas Fischer. Das ist eben auch dann der Fall, wenn sich das Unbewusste Bahn bricht und Worte im Selbstgespräch herauspresst, die als Geständnis gewertet werden können.
Zudem bedürfen die Wortfetzen eines solchen Selbstgesprächs nach Einschätzung von Fischer der Interpretation. Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob sich die damals aufgezeichneten Wortfetzen „tot gemacht“ tatsächlich auf einen Mord beziehen.
Sie passten nur in die Indizienkette gegen den Mann, dessen 33 Jahre alte philippinische Frau plötzlich spurlos verschwand und dessen fünfjähriger Sohn dann bei seiner kinderlosen Schwester und dessen Mann unterschlüpfte. Die Leiche der Frau wurde nie gefunden.
Das Landgericht Köln hatte das Trio, das während des Verfahrens schwieg, vor zwei Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Philippinin habe sich von ihrem Mann getrennt und das Kind mitgenommen. Dies wollten die Täter verhindern, hieß es in dem Urteil. Schwester und Schwager hätten sich an der Tat beteiligt.
Weil das aufgezeichnete Selbstgespräch nicht als Beweismittel verwertet werden darf, muss eine andere Kammer des Kölner Landgerichts die sonstigen Indizien nochmals prüfen. Am Ende könnte ein Freispruch stehen — aus Mangel an Beweisen.