Abservierter Röttgen will nicht nachkarten

Berlin (dpa) - Der scheidende Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will vorerst nicht gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen seiner Entlassung nachkarten.

„Es gibt keine Stellungnahme zu den Vorgängen und auch keine Ankündigung - außer, dass Herr Röttgen im nächsten Jahr, 2013, wieder für den Bundestag kandidieren wird“, sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag in Berlin.

Röttgen erhält am Dienstag von Bundespräsident Joachim Gauck seine Entlassungspapiere - der bisherige Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) soll zu seinem Nachfolger ernannt werden. Die Amtsübergabe im Ministerium soll intern erfolgen, am Abend wird Altmaier bei einer Windenergie-Konferenz in Berlin seine erste Rede halten. Grünen-Chefin Claudia Roth äußerte Vorbehalte gegen den neuen Bundesumweltminister. Altmaier sei kein „leidenschaftlicher Vorkämpfer für umweltpolitische Fragen“ und auch kein Experte für die Energiewende, sagte Roth am Montag in Berlin. „Da muss jemand ran, der wirklich Ahnung hat vom Geschäft. Da wundere ich mich, dass Frau Merkel auf Herrn Altmaier zurückgreift.“

Merkel hatte den CDU-Vize Röttgen nach dem Wahldebakel von Nordrhein-Westfalen entlassen, wo er als Spitzenkandidat nur 26,3 Prozent geholt hatte. Die Kanzlerin will einen Neuanfang für die Energiewende. Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte Röttgen vor einer Abrechnung mit Kanzlerin Merkel. „In der Union kann jeder seine Meinung sagen. Vor allem für uns, die wir Verantwortung tragen, muss aber gelten: Zuerst kommt das Land und die Menschen, dann erst die Partei und ganz zum Schluss komme ich“, sagte er der „Bild“.

Ausweichend antwortete Kauder auf die Frage, ob Röttgen seinen CDU-Vizeposten aufgeben solle: „Das ist seine Entscheidung - und er ist ja manch gutem Rat vor der Landtagswahl nicht gefolgt“, sagte Kauder mit Blick darauf, dass Röttgen sich nicht unabhängig vom Wahlausgang zum Wechsel nach Düsseldorf bereiterklärt hatte.

Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler will mit Röttgens Nachfolger Altmaier bei der Energiewende Tempo machen. Rösler kündigte im FDP-Präsidium an, dass es jetzt schnell Lösungen beim Atom-Endlager-Suchgesetz und der Kürzung der Solarförderung geben soll. Bei beiden Themen müssen aber Opposition und Länder mitziehen.

Bei der von den Ländern zunächst gestoppten Solar-Reform müsse nun der erste Entwurf mit härteren Einschnitten wieder auf den Tisch kommen, forderte FDP-Generalsekretär Patrick Döring in Berlin. Der drohende Anstieg der Ökostromumlage (EEG) auf über vier Cent je Kilowattstunde sei den Verbrauchern nicht zuzumuten.

Die Bürger zahlen die Solarförderkosten über den Strompreis, daher soll eine Kürzung dafür sorgen, die Kosten im Preis zu halten. Rösler und Röttgen wollten Kürzungen von bis zu 30 Prozent, besonders die ostdeutschen Länder sind wegen ihrer Solarfirmen dagegen.

Regierungssprecher Georg Streiter rechtfertigte am Montag erneut den Rauswurf Röttgens. Der Schritt sei das Ergebnis eines Prozesses gewesen. „Die Bundeskanzlerin wünscht sich einen Neuanfang, und den wird sie dann auch bekommen.“ Auf Fragen, ob es wie kolportiert in der Energiewirtschaft tatsächlich Unzufriedenheit über Röttgens Kurs bei der Energiewende gegeben habe, ging Streiter nicht näher ein. Merkel hatte sich vor der Entlassung Röttgens öffentlich nicht unzufrieden gezeigt mit dessen Umsetzung der Energiewende.

Der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) kritisierte den Umgang mit Röttgen scharf. „Das entspricht nicht meinen Vorstellungen, wie man miteinander umgeht“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Drei Tage vor der Wahl gilt Röttgen als großer Hoffnungsträger, der gemeinsam mit der Bundeskanzlerin gefeiert wird. Und drei Tage nach der Wahl wird er in die Wüste geschickt. Das ist nicht gut für eine christlich-demokratische Partei.“