Norbert Röttgen will sich wehren
Geschasster Umweltminister auf Konfrontationskurs. Unionspolitiker verteidigen Merkel.
Berlin/Düsseldorf. Der entlassene Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will seine Demontage wegen des Wahldebakels in Nordrhein-Westfalen nach Zeitungsinformationen nicht widerstandslos hinnehmen.
Röttgen will laut „Bild am Sonntag“ CDU-Vizeparteichef und damit Stellvertreter von Kanzlerin Angela Merkel bleiben — zumindest bis zum Wahlparteitag im Dezember. Im kommenden Jahr plant der geschasste Minister zudem eine erneute Bundestagskandidatur.
Nach Informationen aus seinem Umfeld wolle Röttgen schon bald die bisherige Darstellung der Umstände seiner Entlassung öffentlich korrigieren, schreibt das Blatt. Merkel habe ihm vor der NRW-Wahl versichert, selbst bei einer Niederlage sei er als Umweltminister für das Großprojekt Energiewende unverzichtbar. Röttgen selbst hat sich bisher noch nicht geäußert.
Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel hatte ihn nach der derben Wahlniederlage in NRW entlassen und dabei angedeutet, dass Röttgen nach dem Absturz der NRW-CDU politisch geschwächt sei.
Die angestrebte Energiewende erfordere jedoch einen starken Umweltminister, so Merkel. Mit dem spektakulären Schritt hatte die Kanzlerin auch Unmut in den eigenen Reihen ausgelöst — zuletzt hatte sie jedoch von führenden Unions-Politikern Unterstützung für ihren Kurs erhalten.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sieht die Koalition nach der personellen Klärung im Umweltressort wieder „sprechfähig“. Zudem verteidigte er Merkels Entlassungsentscheidung: „Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende muss auf die Gesamtverantwortung für das Land und die Partei achten, nicht auf den Eigennutz einzelner Politiker“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“.
Auch von Kabinettsmitgliedern bekam Merkel Unterstützung. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte im „Spiegel“, wenn die Kanzlerin „kein Vertrauen mehr hat, dass ihr zuständiger Minister ein vitales Projekt wie die Energiewende noch managen kann, dann muss sie so handeln“.
Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte der „Bild am Sonntag“, der Minister müsse die ganze Autorität in die Waagschale werfen können. Mit Blick auf Röttgen, der in NRW nur 26,3 Prozent erreicht hatte, fügte er hinzu: „Nach so einer Wahlniederlage und der Aufgabe des Vorsitzes des größten Landesverbandes der CDU ist das sicherlich erst einmal sehr viel schwieriger, wenn nicht unmöglich.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte dagegen der „Welt am Sonntag“: „Es ist bezeichnend, dass die Kanzlerin durch die Demütigung eines alten Weggefährten Stärke zu zeigen versucht.“
Angesichts des Zustands der Koalition sei es sinnvoll, die Bundestagswahl vorzuziehen: „Es wäre für Deutschland gut, wenn diese Selbstblockade der Bundesregierung endlich durch Neuwahlen beendet würde.“