Adieu, Turbo-Abi — Vorbild Niedersachsen?

Das Land kehrt 2015 zum Abitur nach neun Jahren zurück. Folgen andere nach?

In Niedersachsen soll bald wieder ein Abitur nach neun Jahren auf einer weiterführenden Schule möglich sein.

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Hannover. So viel Einigkeit ist in der Politik selten: Eltern, Schüler, Lehrer, Gewerkschaften und Verbände spendeten der niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) gestern laut Beifall. Der Grund für diese Aktion: die geplante Abkehr der rot-grünen Landesregierung in Hannover vom ungeliebten Turbo-Abitur nach acht Gymnasialjahren (G 8).

Für Elternverbände in ganz Deutschland ist Niedersachsen jetzt ein Hoffnungsträger. In nahezu allen westdeutschen Bundesländern machen derzeit Betroffene Front gegen G 8. Ihr Argument: Durch den Lernstress fehlt den Schülern Zeit für Spiel, Sport und Kultur, für Orientierung und Persönlichkeitsentwicklung.

Selbst die Wirtschaft, einst begeistert vom Abitur auf der Schnellspur, beklatscht heute die Rückkehr zum Abschluss nach 13 Schuljahren. „Die abschreckende Lernstoff-Flut des Abiturs nach acht Jahren hat bisher zu einer Abstimmung mit den Füßen weg von den Gymnasien hin zu anderen Schulformen geführt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Niedersachsen-Metall, Volker Schmidt.

Arbeitgeber wie Schmidt klagen unter anderem darüber, dass durch das Turbo-Abi die Mathematiknoten schlechter geworden sind. Außerdem habe G 8 dazu geführt, dass die Bereitschaft gesunken sei, mathematisch-naturwissenschaftliche Studien zu beginnen. „Das ist Gift für unsere Unternehmen, die schon heute große Probleme haben, jungen Fachkräftenachwuchs zu rekrutieren.“

Also heißt es in Niedersachsen vom Schuljahr 2015/2016 nun einfach nur „Kommando zurück“ beim Turbo-Abi? Das will die niedersächsische Kultusministerin Heiligenstadt so nicht stehen lassen. Die von ihr vorgestellte Reform bietet auch Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9, dem Abitur nach acht und dem nach neun Jahren. Begabte Gymnasiasten können sich weiter für ein Schnellspur-Abi entscheiden. „Wir werden das niedersächsische Abitur zu einem modernen und zukunftsfähigen Modell entwickeln“, verspricht die Ministerin.

Obwohl viele Detailfragen noch ungeklärt sind, sollen nun schon einmal die Lehrpläne entrümpelt und die Zahl der Klausuren reduziert werden. Weniger Stress, mehr Förderung und auch mehr Zeit zur Orientierung und Persönlichkeitsentwicklung, lautet das Motto dieser Änderungen.