Gericht attestiert Schavan Täuschung bei Doktorarbeit
Düsseldorf (dpa) - Die unter Plagiatsverdacht stehende ehemalige Bundesministerin Annette Schavan (CDU) hat im Kampf um ihren Doktortitel eine empfindliche Niederlage erlitten.
„Die Klägerin hat getäuscht“, befand die vorsitzende Richterin des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, Simone Feuerstein, am Donnerstag und wies Schavans Klage gegen den Entzug des Titels durch die Heinrich-Heine-Universität ab. Auf „60 Täuschungsbefunde“ sei das Gericht in Schavans 1980 eingereichter Doktorarbeit mit dem Titel „Person und Gewissen“ gestoßen.
Damit habe Schavan das Gebot wissenschaftlicher Redlichkeit verletzt, das auch schon 1980 bestanden habe. Die Behauptung einer anderen Zitierkultur in den 1980er Jahren sei unerheblich: „Alle Einwände gehen am Kern des Täuschungsvorwurfs vorbei.“ Die Universität habe das Aberkennungsverfahren auch formal korrekt abgewickelt und ihren Ermessensspielraum bei der Aberkennung nicht überschritten.
Die Klägerin habe zumindest „bedingt vorsätzlich gehandelt“, befand das Gericht. Für die Uni habe daher kein Anlass bestanden, „über mildere Mittel“ als den Titelentzug nachzudenken, der die Unionspolitikerin vor gut einem Jahr als Bundesbildungsministerin zu Fall gebracht hatte.
Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht ließ die Kammer nicht zu (Az.: 15 K 2271/13). Schavan bleibt als Rechtsmittel nur ein Antrag, doch zur Berufung zugelassen zu werden. „Wenn die schriftliche Fassung der Urteilsbegründung vorliegt, werde ich mit meinem Anwalt über das weitere Vorgehen beraten“, teilte die CDU-Politikerin mit. „Den Vorwurf der Täuschung weise ich erneut entschieden zurück.“
Das Gericht habe die Position der Universität „in vollem Umfang bestätigt“, sagte deren Rechtsbeistand Klaus Gräbitz. Professor Stefan Rohrbacher, der die Dissertation nach den Plagiatsvorwürfen geprüft hatte, betonte, man habe die vielen Flüchtigkeitsfehler in der Arbeit zu Schavans Gunsten gewertet. Aber dort, wo sie fremde Texte abgeschrieben und dabei noch leicht abgewandelt habe, ohne den fremden Autor zu nennen, sei dies mit Flüchtigkeit nicht zu erklären. An diesen Stellen trete ihre „leitende Täuschungsabsicht“ hervor.
Noch kurz vor der Entscheidung hatte Schavans Anwalt am Donnerstag Beweisanträge gestellt. Er wollte Schavans Doktorvater als Zeugen laden und durch das Gericht ein externes Gutachten zur Zitierweise in den 1980er Jahren einholen lassen. Doch das Gericht lehnte ab.
Die Doktorarbeit mit dem Titel „Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung“ hatte Schavan 1980 eingereicht - mit 24 Jahren. Wenige Tage nach dem Titelentzug war Schavan als Bundesministerin zurückgetreten.
Obwohl Schavan den Prozess vor dem Verwaltungsgericht verloren hat, darf sie den Doktortitel noch fünf Monate nach Zustellung des schriftlichen Urteils weiterführen - vorausgesetzt, sie ergreift gegen das Urteil Rechtsmittel. Andernfalls muss sie ihn nach einem Monat ablegen.
Die Merkel-Vertraute und engagierte Katholikin soll nun deutsche Botschafterin am Vatikan werden. Dafür gilt der Titel nicht als Voraussetzung. „Wir stehen noch ganz am Anfang des Berufungsverfahrens“, betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes auf Anfrage. Die Bundesregierung habe in der Personalfrage offiziell noch keine Entscheidung getroffen.