Adoptionsrecht für Homosexuelle - von der Leyen sieht kein Problem
Berlin (dpa) - Nach dem Urteil zum Ehegattensplitting steuert die Union auf einen Streit über das volle Adoptionsrecht für homosexuelle Paare zu.
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Sozialministerin Ursula von der Leyen macht sich im Gegensatz zu anderen Spitzenpolitikern ihrer Partei für eine weitgehende Gleichstellung stark.
„Ich kenne keine Studie, die sagt, dass es Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, anders geht als Kindern, die in gemischtgeschlechtlichen Ehen aufwachsen“, sagte von der Leyen am Sonntag im Deutschlandfunk. Die Debatte über das Adoptionsrecht werde sicherlich weitergehen. Die FDP drängt die Union seit längerem zu einer zügigen und vollen Gleichstellung.
Gegen ein volles Adoptionsrecht regt sich drei Monate vor den Wahlen nicht nur in konservativen Kreisen der Union Widerstand. Auch liberale CDU-Politiker äußern Bedenken. CDU-Vize Armin Laschet argumentierte, Kinder hätten das Recht auf Unterschiedlichkeit, auf Vater und Mutter. „Dies prinzipiell auszuschließen, um jemandem ein individuelles Recht auf Gleichstellung zu geben, halte ich für falsch“, sagte er dem Magazin „Der Spiegel“.
Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sagte dem Magazin, natürlich gebe es gleichgeschlechtliche Paare, die Kinder liebevoll erziehen. Trotzdem fühlten viele Menschen über alle Parteigrenzen hinweg „ein gewisses Unbehagen“ in dieser Frage. Hier gehe es nicht ums Geld, sondern um das Wohl von Kindern. Ähnlich hatte sich zuvor Unions-Fraktionschef Volker Kauder geäußert. Es müssten Gutachten von Kinderpsychotherapeuten eingeholt werden.
Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, stellte klar: „Beim Thema Adoptionsrecht werden wir nur handeln, wenn und so weit das Bundesverfassungsgericht es uns auferlegt.“ CSU-Chef Host Seehofer warnte in der „Bild am Sonntag“: „Hier darf es keinen Schnellschuss geben.“ Nötig sei eine genaue Prüfung.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte mehrfach ein volles Adoptionsrecht gefordert. Es ist nach mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu eingetragenen Lebenspartnerschaften der letzte große Bereich, wo es noch keine Gleichbehandlung mit der Ehe gibt. Aber auch hier sind Verfahren anhängig, die Politik dürfte erneut zum Handeln gezwungen werden.
Erst im Februar hatte das Verfassungsgericht das Adoptionsrecht schwuler und lesbischer Paare gestärkt. Dabei geht es um Fälle, in denen ein Partner bereits ein Kind adoptiert hat und der andere Partner zusätzlich Adoptivmutter oder -vater werden möchte. Diese „Sukzessivadoption“ war davor nur Eheleuten erlaubt. Bis Ende Juni 2014 muss die Politik zu einer Neuregelung kommen.
Die Ausweitung des Splittingvorteils auf Homo-Paare kostet den Staat künftig 55 Millionen Euro im Jahr, wie aus dem dpa vorliegenden Entwurf für eine Neuregelung hervorgeht. Bisher hatte das Ministerium Mindereinnahmen von etwa 30 Millionen Euro unterstellt. Grund ist, dass es inzwischen 34 000 eingetragene Lebenspartnerschaften gibt - mehr, als bisher unterstellt.
Diese kommen zudem nur für die Jahre in den Genuss des Splittingvorteils, für die noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt. Die Kosten dafür werden auf einmalig 150 Millionen Euro geschätzt. Allein für 2013 ergeben sich somit unterm Strich Mindereinnahmen von 175 Millionen Euro.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Samstag), die Gesetzgebung noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen: „Wenn alles gut läuft, kann der Bundestag dann Ende Juni grünes Licht geben und der Bundesrat schlussendlich über das Gesetz Anfang Juli befinden.“