Kita-Rechtsanspruch: Noch fehlen zehntausende Plätze
Berlin (dpa) - Der Osten liegt vorn, der Westen hinkt hinterher: Knapp acht Wochen vor Inkrafttreten der Betreuungsgarantie für Kleinkinder fehlen in Westdeutschland noch immer zehntausende Kita-Plätze.
Das hat eine dpa-Umfrage in den Bundesländern ergeben.
Danach tun sich in den alten Bundesländern weiterhin große Lücken auf, während sich Angebot und Nachfrage in Ostdeutschland weitgehend die Waage zu halten scheinen. Die genaue Zahl der Betreuungsplätze ist zurzeit noch unklar. Das Statistische Bundesamt will sie im Juli bekanntgeben.
Vom 1. August an haben Eltern für ihre ein bis drei Jahre alten Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter. Vereinbart ist, dass für durchschnittlich 39 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Platz vorhanden sein soll. Im März 2012 ermittelten die Statistiker, dass von insgesamt 780 000 angepeilten Kita-Plätzen 560 000 zur Verfügung standen. 220 000 fehlten also, die meisten im Westen. Seither ist zwar viel passiert, trotzdem dürfte es schwierig werden, den Anspruch im Westen überall pünktlich zu erfüllen.
Im Osten sieht die Lage besser aus. Mecklenburg-Vorpommern nimmt bereits jetzt einen Spitzenplatz ein: Im äußersten Nordosten lag die Betreuungsquote schon im März 2012 laut Sozialministeriums bei 76,3 Prozent. Das heißt, drei Viertel aller Ein- bis Dreijährigen hatten einen Platz. Brandenburg und Thüringen melden Betreuungsquoten von 50 Prozent oder mehr, Sachsen und Berlin nur leicht niedrigere Werte. In den Großstädten Leipzig und Dresden gibt es aktuell zwar noch Engpässe, bis August soll das Angebot aber stimmen.
Bescheidener sieht es da in den meisten West-Ländern aus: In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein gab es im März vergangenen Jahres erst für 23 und 24 Prozent der Kleinkinder einen Kita-Platz, in Hessen und Rheinland-Pfalz waren es zuletzt 35 Prozent. Beide Länder wollen bis zum 1. August das Angebot auf 40 und 39 Prozent aufstocken. In Baden-Württemberg, so heißt es im Stuttgarter Kultusministerium, sei die Quote landesweit im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen.
In Bayern gibt es laut Sozialministerium derzeit 100 000 Krippenplätze (Quote: knapp 50 Prozent). Damit ist Bayern laut Ministerium führend unter den westdeutschen Ländern. Bis Ende 2013 sollen es 110 000 Plätze werden, was einem Versorgungsgrad von 52 Prozent entspricht. In München lag die Quote nach SPD-Angaben schon im Sommer 2012 bei 55 Prozent: Es gibt aber dennoch zu wenig Plätze.
In Niedersachsen heißt es, dass vor allem in Großstädten noch 4000 Krippenplätze fehlen, damit es zum 1. August für 35 Prozent der Kleinkinder ein Angebot gibt. Mangel herrsche auch an qualifiziertem Personal und Räumlichkeiten. Das Kultusministerium in Hannover geht davon aus, dass es derzeit rund 58 000 Betreuungsplätze für diese Altersgruppe gibt. Gebraucht würden 62 000. In Bremen sieht es besser aus: Da gibt es offiziell mehr Plätze als benötigt.
In Hamburg soll die Betreuungsquote zum 1. August auf 43 Prozent steigen, nach 36 Prozent knapp anderthalb Jahre zuvor. Im Bundesdurchschnitt waren es damals nur 27,6 Prozent. Skeptiker wie der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler schätzen, dass derzeit bundesweit noch mehr als 100 000 Kita-Plätze sowie 15 000 bis 30 000 Erzieher fehlen.
In den Landkreisen gab es zum Jahresende 2012 etwa 300 000 Betreuungsplätze - bei einer Zielgröße von 356 000. Der Deutsche Landkreistag geht davon aus, dass die Lücke bis Anfang August auf weniger als 12 000 fehlende Kita-Plätze schrumpft. Damit würde eine Betreuungsquote von rund 80 Prozent erreicht. In den Landkreisen leben etwa 57 Prozent der Bundesbürger.