Ärzte protestieren trotz Honorarplus
Unzufriedenheit ist auch nach der Einigung nicht gewichen.
Berlin/Düsseldorf. Ärzteproteste trotz Milliardenplus beim Honorar — wie passt das zusammen? Es sind zwar nicht, wie angekündigt, Zehntausende, aber doch Tausende Mediziner und Angestellte, die keine 24 Stunden nach der Honorar-Einigung bundesweit auf die Straße gehen.
Einige Praxen haben geschlossen oder verzichten auf den Einsatz von Arzthelferinnen. Allerdings fallen auch die Kundgebungen in Düsseldorf und Solingen mit 100 beziehungsweise 60 Teilnehmern kleiner aus als erwartet.
Im vergangenen Jahr gaben die gesetzlichen Kassen für die rund 150 000 niedergelassenen Mediziner und Psychotherapeuten 33,7 Milliarden Euro aus. Bis zu 1,27 Milliarden Euro wird es im kommenden Jahr mehr geben. Doch der Protest der Ärzte macht deutlich: Dies reicht aus ihrer Sicht nicht, bei vielen ist das Vertrauen in das ganze Honorarsystem grundlegend erschüttert.
„Der Arzt wird getreten“, sagt ein Orthopäde aus Berlin-Mitte. Heftig poltert er gegen die Kassen, aber auch gegen den Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler. „Was hat er denn für uns getan? Ich muss für je 18 Euro im Quartal die Patienten behandeln.“ Aber kommen die Orthopäden nicht laut KBV auf im Schnitt 6344 Euro netto im Monat? „Sie wissen, wie leicht man eine Statistik fälscht“, wettert der Arzt.
Die Allianz deutscher Ärzteverbände sprach von mehreren Hundert Praxen, die am Niederrhein und im bergischen Städtedreieck geschlossen waren oder nur eingeschränkten Dienst leisteten. Doch die breite Masse der Mediziner beteiligte sich offenbar nicht am Aktionstag. Dennoch ist große Unzufriedenheit spürbar.
„Unter dem Strich bleiben Minus-Runden“, sagt Dr. Wolfgang Mertens, Orthopäde in Mönchengladbach. Der Katalog zusätzlicher Aufgaben wie neuer Untersuchungen oder ambulanter Operationen sei nämlich stärker gewachsen als das zur Verfügung stehende Geld. Mertens betont: „Uns geht es darum, unsere Patienten mit dem Geld auch angemessen behandeln zu können.“
Was bei welchen Ärzten ankommt, ist noch unklar. Grundsätzlich steigen die Preise für Leistungen um 270 bis 290 Millionen Euro. Für Psychotherapeuten wird ein Topf von 130 Millionen aufgemacht — die Bezahlung der Therapien geht nicht mehr zulasten anderer Ärzte.