Ärzte sollen bei Pfusch schneller zahlen
Berlin (dpa) - Geschätzt eine Million Patienten werden jedes Opfer ärztlicher Behandlungsfehler - nun sollen sie leichter eine Entschädigung erhalten.
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), schlägt dazu einen Entschädigungsfonds nach österreichischem Vorbild vor. Eckpunkte will er Anfang des Jahres vorlegen.
„Einen derartigen Fonds, der aus Beiträgen von Ärzten, Krankenhauspatienten und Haftpflichtversicherern finanziert wird, werde ich anregen“, sagte Zöller der „Berliner Zeitung“. „Stellt eine Gutachterkommission fest, dass es einen Behandlungsfehler gab, könnte der Fonds sofort eine Entschädigung zahlen.“
Zöller will damit schnelle Hilfe sichern und lange Prozesse vermeiden. Heute kommen Patienten oft nur schwer zu ihrem Recht. Vielfach vermeiden sie den Gang vor Gericht oder zu Ärzte- Schlichtungsstellen.
Die deutsche Ärzteschaft lehnt einen solchen Entschädigungsfonds ab. Die Forderung Zöllers sei „populistisch“, es gebe bereits „ein funktionierendes System zur Regulierung von Schäden“, sagte der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der „Frankfurter Rundschau“ (Freitag).
Die Ärztekammern hätten freiwillig Gutachter- und Schlichtungsstellen eingerichtet. Gegen den Vorschlag Zöllers, dorthin Patientenvertreter zu entsenden, habe die Ärzteschaft indessen „im Kern nichts einzuwenden“.
Die Bundesregierung möchte auch mit mehr Mobilität der Mediziner den zunehmenden Ärztemangel in ländlichen Regionen stoppen. Das und die Stärkung der Patientenrechte sind neben Zwei-Bett-Zimmern für Kassenpatienten die zentralen Reformversprechen aus der Koalition für Ärzte, Kliniken und Patienten fürs neue Jahr.
Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) forderte Änderungen am „starren System“ der Arztzulassung und sprach sich für mehr Flexibilität in diesem Bereich aus. Arztzulassungen sollten nur noch auf Zeit vergeben werden, forderten die Krankenkassen vor den im neuen Jahr beginnenden Verhandlungen über ein Versorgungsgesetz.
Um mehr junge Ärzte aufs Land zu locken, schlug Singhammer eine kürzere Bindungswirkung bei einer Entscheidung für einen Arztsitz vor. „Es würde ihnen leichter fallen, auch in eine unattraktive Region zu ziehen, wenn sie sich nach einigen Jahren auch wieder neu ausrichten könnten“, sagte er der dpa.
Viele ländliche Regionen klagen über immer gravierenderen Ärztemangel. „Hier werden wir gemeinsam mit den Ländern und vielen anderen für Abhilfe sorgen“, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) der „Bild“-Zeitung.
„Wir müssen uns darüber unterhalten, ob eine Zulassung nicht eine Lizenz auf Zeit sein sollte“, sagte die Vorsitzende des Kassen-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, der dpa. „Es ist ein Problem, dass ein Arztsitz immer, das heißt auch in überversorgten Gebieten, weiterverkauft werden kann.“ So werde teure und unnötige Überversorgung auf Kosten der Beitragszahler festgeschrieben.
Pfeiffer warnte davor, einfach mehr Geld für Ärzte in Mangelregionen zulasten der Beitragszahler bereitzustellen. „Wir haben in überversorgten Gebieten 25 000 Ärzte zu viel und in Mangelregionen lediglich 800 Ärzte zu wenig“, sagte sie.
Singhammer betonte dagegen, auch ein gerechter finanzieller Gegenwert für ärztliche Arbeit spiele eine Rolle. Die Honorarentwicklung in Deutschland dürfe nicht hinter dem Niveau von Skandinavien oder Großbritannien zurückbleiben.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, bezeichnete eine Verbesserung der Attraktivität des Arztberufs als die entscheidende Herausforderung. „Dazu gehören der Zugang zum Studienfach Medizin, der Übergang vom Studium in den ärztlichen Beruf und die Rahmenbedingungen, die jungen Medizinern geboten werden, um sich in einer Praxis niederzulassen“, sagte er der dpa.
Rösler will zu Beginn des neuen Jahres mit Ländern und Verbänden erörtern, wie die ärztliche Versorgung mit Kliniken und Praxen per Gesetz verbessert werden kann. Einem CDU-Vorstoß für Zwei-Bett-Zimmer für Kassenpatienten in Kliniken gegenüber zeigte er sich offen.