Afghanistan: Abzug nur, wenn die Lage es zulässt
Die ersten Bundeswehrsoldaten sollen Ende 2011 das Land verlassen.
Berlin. Es geht jedes Mal um Leben und Tod. Seit 2001 hat der Bundestag 13 Mal über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr abgestimmt. Zur Routine wird eine solche Entscheidung nie. „Auch im zehnten Jahr des Einsatzes ist es wohl die schwierigste Aufgabe, die Abgeordnete hier wahrnehmen müssen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Im vergangenen Jahr wurde den Parlamentariern besonders deutlich, wie groß die Verantwortung ist. Acht Bundeswehrsoldaten wurden 2010 in Gefechten und durch Anschläge der radikalislamischen Taliban getötet. Einer starb bei einem tragischen Unfall durch einen Schuss aus der Waffe eines Kameraden. Zahlreiche weitere Soldaten wurden verletzt, hunderte kehrten traumatisiert aus dem Einsatz zurück, insgesamt kamen bisher 45 Bundeswehrsoldaten dort ums Leben.
In der Bevölkerung gibt es seit eh und je keine mehrheitliche Unterstützung für den Einsatz. Bundesregierung und Bundestag ließen sich aber auch durch Abzugsentscheidungen anderer Länder nicht davon abbringen, zur Führungsrolle in Nordafghanistan zu stehen. Die 72,5 Prozent Zustimmung gestern waren zwar das zweitschlechteste Ergebnis für den Afghanistan-Einsatz seit 2001 im Bundestag. Mit der SPD konnte aber die größte Oppositionspartei weiter bei der Stange gehalten werden.
Das ist vor allem das Verdienst von Außenminister Guido Westerwelle. Der FDP-Chef setzte gegen den Widerstand von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) durch, dass ein konkreter Termin für den Beginn des Abzugs ins Auge gefasst wird. Schon Ende 2011 soll es so weit sein. Damit können auch die Sozialdemokraten leben, obwohl sie den weiteren Zeitplan gerne noch konkreter gehabt hätten.
Westerwelle verbuchte das Abstimmungsergebnis nach der Bundestagssitzung als seinen persönlichen Erfolg: „Jetzt ist eine Abzugsperspektive da. Das hatte ich mir vorgenommen.“ Guttenberg blieb zurückhaltender und verwies erneut auf die Bedingungen für einen Abzug 2011 aus dem Mandatstext. „Soweit die Lage dies erlaubt. . . “ Die Voraussetzungen seien zwar gut, sagte Guttenberg. Man könne aber nicht „so in die Zukunft schauen, dass man ermessen könnte, dass es exakt so und so aussieht.“