Aktionsbündnis: Städte kämpfen um ihr Überleben
50 Bürgermeister aus sieben Bundesländern wollen in Berlin mehr Geld für Kommunen fordern.
Wuppertal. Die Lage ist dramatisch, und sie wird für manche Stadt hoffnungslos, wenn die Finanzkrise einmal vorbei ist und die Kreditzinsen wieder steigen. Die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Kämmerer der rund 50 Städte aus sieben Bundesländern wissen das. Nun wollen sie sich wehren. „Und wir treten nicht als Bittsteller auf“, sagt Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU). Er ist auch Vorsitzender des NRW-Städtetages.
Vielmehr wollen die Kommunen als Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ mit dieser parteiübergreifenden Aktion „selbstbewusst und aufrecht“ im Bundestag Gerechtigkeit fordern. Für den 23. und 24. Februar sind Gespräche mit Vertretern der Fraktionen im Bundestag geplant. Der Stärkungspakt hilft den Kommunen in NRW kurzfristig. Mit Jung im Boot sitzt Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD).
Sie prangert ebenfalls die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in reichen und armen Städten an und verlangt eine Plenardebatte zu diesem Thema im Bundestag. Schließlich repräsentierten die 50 an der Aktion beteiligten Städte mehr als acht Millionen Einwohner. Das sind zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands.
Noch können sich viele der protestierenden Kommunen an beispielsweise Rhein, Ruhr, Saar und Mosel ganz gut über Wasser halten. In Nordrhein-Westfalen hilft dabei nicht zuletzt der Stärkungspakt, den Städte und Land miteinander abgeschlossen haben. Dadurch werden Kommunen vom Land finanziell unterstützt, müssen dafür aber bis 2021 Haushalte ohne Neuverschuldung vorweisen.
Doch auch dann noch sitzen viele Städte auf einem Pulverfass. Alle Kommunen in NRW zusammengenommen, summieren sich deren Altschulden nach Angaben des Wuppertaler Stadtkämmerers Johannes Slawig auf 25 Milliarden Euro.
In Wuppertal zum Beispiel zeigen sich diese Altschulden in einem Kassen- oder Überziehungskredit in Höhe von etwa 1,5 Milliarden Euro. Ohne diese Überziehung könnte das Rathaus Pflichten nicht nachkommen. Die derzeitigen Finanzierungszinsen lassen der Hauptstadt des Bergischen Landes dennoch Luft zum Atmen. „Aber wehe, die Zinsen steigen wieder“, sagt Slawig ahnungsvoll.
Wie sich diese Notlage in Zeiten höherer Zinsen bereits ausgewirkt haben, ist aber auch in Städten wie Mönchengladbach, Krefeld, Solingen und Remscheid sichtbar. Hier werden Hallenbäder geschlossen, dort Stadtteilbibliotheken. Straßen und Gebäude werden geflickt, aber nicht repariert.
Wenn die Bundespolitik die Weichen nicht neu stellt, sieht Peter Jung Gefahren aufziehen: „Falls Städte nicht mehr in der Lage sind, ihre für die Bürger wichtigen Aufgaben der Daseinsvorsorge zu gewährleisten, dann droht ein hohes Risiko für die Demokratie.“ Er fordert einen Altschuldenfonds, wie es ihn für die Erblasttilgung der DDR gegeben habe.