Altkanzler Schmidt vermisst Putin bei G7

Hamburg (dpa) - Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) hält den am 7. Juni im bayerischen Elmau beginnenden G7-Gipfel ohne Teilnahme Russlands für nicht sinnvoll. „Meine Erwartungen sind begrenzt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf mögliche Ergebnisse des Treffens.

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Er erhoffe sich vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise lediglich, dass die westlichen Staats- und Regierungschefs „nicht Öl ins Feuer gießen. Und damit bin ich dann zufrieden“.

Schmidt äußerte die Überzeugung, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine Gipfel-Einladung des Westens angenommen hätte, wenn sie „in gehöriger Form ausgesprochen worden wäre“. Der 96-Jährige wörtlich: „Ich sehe deutlich, dass Putin beleidigt ist durch die Tatsache, dass der Westen ihn seiner Vorstellung nach nicht ernst genug nimmt.“

Schmidt zeigte zudem ein gewisses Verständnis für Putins aggressive Politik, die ihn im Westen isoliert hat. „Putin ist derjenige Mann, der nach der Wildwest-Periode unter (Präsident Boris) Jelzin den russischen Staat wiederhergestellt hat. Das ist nach seinen Vorstellungen seine Aufgabe.“

Der russische Präsident habe das letzte noch bestehende „Kolonialreich geerbt“, das er zu erhalten versuche. Dabei handele Putin nur aus einer vermeintlich starken Position, so Schmidt: „Es ist eine Stärke, von der der Inhaber dieser Stärke weiß, dass er sie nicht anwenden kann.“

Im bayerischen Schloss Elmau treffen sich am kommenden Sonntag und Montag auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Frankreichs, Italiens, Japans und Großbritanniens. Russland, das die Gruppe der Sieben 1998 zu den G8 erweitert hatte, wurde 2014 nach der Annexion der Krim ausgeschlossen.

Auch der Moskauer Politologe Wladislaw Below hält den Ausschluss Russlands für nicht hilfreich bei der Lösung internationaler Probleme. Russland sei trotz Isolierung durch den Westen ein wichtiger geopolitischer Akteur, sagte der Direktor des Zentrums für Deutschland-Forschung bei der Russischen Akademie der Wissenschaften am Montag an Moskau. „Ohne Russland ist es nicht möglich, die grundlegenden Probleme in der Welt zu lösen.“ Das Land könne sich einbringen beim Kampf gegen islamistischen Terrorismus, Klimawandel, Katastrophen und Cyber-Kriminalität.

„Präsident (Wladimir) Putin fühlt sich beleidigt, weil er nicht eingeladen ist - das stimmt“, sagte Below mit Blick auf das Interview der Deutschen Presse-Agentur mit Altkanzler Schmidt. Der Deutschland-Forscher lobte Schmidt als „globalen Denker“, der die Rolle Russlands in der internationalen Politik würdige. „Schmidt ist kein Putin-Versteher, er denkt in weltpolitischen Zusammenhängen.“