Analyse: EU will Zugriff auf alle Daten von Fluggästen
Terrorfahnder sollen die Passagierdaten auswerten. Kritiker reagieren entsetzt.
Brüssel. In der EU tun sich Löcher auf. Überall wittern Terrorbekämpfer Sicherheitslücken und machen sich daran, diese zu schließen. Bankkunden, Flugpassagiere, Frachtfirmen — sie alle müssen im Dienste der Sicherheit damit rechnen, gläserne Kunden zu werden. Nun macht sich die EU-Kommission daran, ein letztes Loch zu schließen. Wer in ein Land außerhalb der EU fliegt oder von außerhalb einreist, dessen Daten sollen automatisch an europäische Sicherheitsbehörden weiter gegeben werden.
Kritiker fragen, ob das Datensammeln denn wirklich mehr Sicherheit bringt. „Zu wissen, ob der Fluggast einen oder zwei Koffer dabei hat, trägt nicht zu mehr Sicherheit bei“, bemängelt der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU). Im Europaparlament wächst der Widerstand gegen die „Datensammelwut“ und den Umgang mit Terrorgefahren. Von einem „Schlag ins Gesicht für die EU-Grundrechte und Verfassungswerte“ spricht Jan Philipp Albrecht (Grüne).
Gerade mal einen Tag, nachdem Deutschland die erhöhte Alarmbereitschaft der vergangenen zweieinhalb Monate zurückgefahren hat, präsentierte die EU-Kommissarin ihren Vorschlag.
Dass es eine latente Bedrohung durch Terrororganisationen wie El Kaida gibt, wird in der EU nicht in Frage gestellt. „Diese Gefahr ist real“, betonte der Koordinator für Terrorismusbekämpfung der EU, Gilles de Kerchove, jüngst. Die generelle Bedrohung sei nicht gesunken. Doch den Abgeordneten fehlen Belege für die Notwendigkeit einer flächendeckenden Überwachung aller Flugpassagiere.
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hält dagegen: „Wenn ein Passagier in Stockholm immer mit einem anderen Kind in ein Flugzeug steigt, kann man davon ausgehen, dass es sich um Menschenhandel handelt.“
Bis der Vorschlag Gesetzeskraft erhält, könnte es zwei Jahre dauern. Das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten müssen zustimmen.