Analyse: Streit um Betreuungsgeld ist noch nicht beendet
Kabinett bringt die umstrittene Leistung auf den Weg. Opposition will sie stoppen. Mehrheit bei Schwarz-Gelb noch unklar.
Berlin. SPD und Grüne sind strikt dagegen, aber auch innerhalb der schwarz-gelben Regierungskoalition gibt es Bedenken: Monatelang war erbittert über Nutzen oder Schaden des Betreuungsgeldes für daheim erziehende Eltern gestritten worden. Am Mittwoch am Kabinettstisch war dann nach knapp 15 Minuten zunächst einmal alles vorbei. Im Schnelldurchgang billigte die Regierung von CDU, CSU und FDP den Entwurf von Familienministerin Kristina Schröder (CDU).
Von den Koalitionsfraktionen soll die Vorlage jetzt als Gesetzentwurf in einem beschleunigten Beratungsverfahren durchs Parlament gebracht werden. Aber selbst wenn es gelingen sollte, das Betreuungsgeld-Gesetz noch vor der Sommerpause des Bundestages, die am 29. Juni beginnt, in dritter Lesung zu verabschieden — eines ist sicher: Der Streit ist noch lange nicht vorbei.
Das sozialdemokratisch regierte Hamburg lässt per Rechtsgutachten für die SPD-Länder prüfen, ob das Betreuungsgeld nicht doch noch im Bundesrat zu Fall gebracht werden kann. Die Bundesregierung hatte das strittige Vorhaben für nicht zustimmungspflichtig erklärt — dort hätten die Länder mit SPD-Regierungsbeteiligung es blockieren können. Dennoch könnten die Interessen der Länder tangiert sein, die für die frühkindliche Bildung zuständig sind.
Und von den Kommunen wird zudem Mehrarbeit verlangt. Sie sollen das Betreuungsgeld über ihre Elterngeldkassen organisatorisch abwickeln. Auch die Verfassungsjuristen sitzen schon in den Schützengräben. Zwei Gutachten gegen das Betreuungsgeld liegen vor: Eins wurde von den Grünen in Auftrag gegeben, das andere von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.
Still geworden ist es indes um die 23 Betreuungsgeld-Rebellen aus der Unionsfraktion, die vor einigen Wochen noch offen drohten, im Bundestag gegen das Gesetz zu stimmen. Nur die CDU-Politikerin Rita Pawelski bekundete, auch weiter gegen das Gesetz stimmen zu wollen — weil es gerade für problematische Familien den falschen Anreiz setze, ihre Kinder nicht in eine Kita zu schicken.
Noch vor der ersten Lesung im Bundestag am 15. Juni will die Gruppe der Frauen in der Unionsfraktion ihre Haltung festlegen. CSU-Politiker argumentieren, dass erst das Betreuungsgeld Eltern echte Wahlfreiheit garantiere, ihr Kleinkind zu Hause selbst zu betreuen — oder in eine Kita oder zu einer Tagesmutter zu geben. Ein Problem ist nur, dass es zur echten Wahlfreiheit bislang noch an ausreichend Betreuungsplätzen mangelt.
Der bereits 2008 verabschiedete Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot für unter Dreijährige soll zum 1. August 2013 wirksam werden. Aber in vielen Kommunen herrscht Skepsis, ob sich in den verbleibenden 14 Monaten die noch mindestens fehlenden 130 000 Plätze schaffen lassen.