BA-Chef für freiwillige Rente mit 70
Berlin/Nürnberg (dpa) - Angesichts des Fachkräftebedarfs plädiert der Vorstandschefs der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, für eine Rente mit 70 - auf freiwilliger Basis.
Aus seiner Sicht muss es zusätzliche Anreize geben, um eine Beschäftigung über das gesetzliche Rentenalter hinaus attraktiver zu machen. „Flexible Ausstiege aus dem Erwerbsleben in Rente sind grundsätzlich ein gutes Modell“, sagte er der Zeitung „Die Welt“.
Die Regierung habe den früheren Ausstieg mit der Rente mit 63 ermöglicht. „Man sollte nun auch Anreize dafür setzen, dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können“, so Weise.
Nach Zahlen der Bundesagentur gingen Ende Juni 2014 knapp 173 000 Ältere zwischen 65 und 74 Jahren einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. In der Altersgruppe von 65 bis 69 waren es zum selben Zeitpunkt 130 000.
Nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern gibt es für Ältere ganz unterschiedliche Motive, weiterhin ihren Beruf auszuüben. „Da gibt es jene, für die Arbeit eine zentrale Rolle im Leben spielt und bei denen die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben eh' schon immer fließend war“, erläuterte der Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei. Zunehmend spielten bei der Frage eines späteren Ruhestands aber auch private Gründe eine Rolle, etwa Kinder, die noch in der Ausbildung steckten.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) setzt zur Bekämpfung des Fachkräftemangels nicht allein auf mehr ältere Arbeitnehmer. „Wir müssen auch die Arbeitsmarktchancen für Frauen, An- und Ungelernte sowie Menschen mit Behinderung weiter verbessen“, sagte er.
Zugleich sei es erfreulich, dass immer mehr ältere Menschen in Beschäftigung stünden. Laut einer vom Ministerium geförderten Studie müssen in 139 Berufen, bei denen schon heute schwer Fachkräfte zu bekommen sind, in den nächsten 15 Jahren mehr als zwei Millionen Beschäftigte ersetzt werden.
Einer der fünf Wirtschaftsweisen, Lars P. Feld, hält den späteren Renteneintritt sogar für zwingend. „Der nächste große Schritt ist in der Tat eine Ausweitung des Renteneintrittsalters über die 67 hinaus“, sagte er dem Sender SWR Info.
Auf Kritik stieß hingegen Weises Vorschlag bei der Linkspartei. „Ich halte diesen Vorschlag für abenteuerlich und völlig verfehlt“, sagte ihr Vorsitzender Bernd Riexinger den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag). „Wir haben doch gar nicht das Problem, dass massenhaft ältere Menschen länger arbeiten wollen.“ Die zweite Vorsitzende Katja Kipping sagte dem Sender MDR Info: „Nachdem man jetzt schon die Generation Praktikum sehr breitflächig in befristete Jobs gepresst hat, soll jetzt auch die Generation Ü 65 in befristete Jobs gepresst werden und das halte ich für falsch.“
Aus Sicht des Vorsitzenden der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Karl-Josef Laumann, muss sich längeres Arbeiten positiv auf die Rente auswirken. „Wir wollen noch in diesem Jahr dafür sorgen, dass der flexible Übergang rentensteigernd wirkt“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Samstag). Derzeit dürfen Rentner dem Bericht zufolge zwar neben der Rente unbegrenzt hinzuverdienen, der Arbeitgeber muss aber Rentenbeiträge zahlen, ohne dass dies die Rente des Beschäftigten erhöht.