Bayernwahl Bayernwahl - Katastrophen, Achterbahnfahrten und Triumphe

Berlin · Auch für die Mitbewerber der CSU steht in Bayern extrem viel auf dem Spiel. Das Ergebnis der Landtagswahl hat auch Folgen für die Hessen-Wahl.

Briefwahlunterlagen für die bayrerische Landtagswahl am Sonntag. Kurz vor dem Urnengang waren Umfragen zufolge noch rund 42 Prozent der Wahlberechtigten unentschieden. Foto: dpa

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Wie ist die Stimmung?“ Antwort eines SPD-Abgeordneten: „Unterirdisch“. Pause. „Und zwar so, wie ich sie noch nicht erlebt habe.“ Die Sozialdemokraten sind tief gefrustet. Von der Klatsche, die sie in Bayern erwarten. Zehn oder zwölf Prozent, eine Katastrophe. Bundesweit sieht es mit 15 Prozent nicht viel besser aus. Nur noch Platz vier.

Sie sind gefrustet von der Groko an sich. Und seit der Maaßen-Affäre auch von Andrea Nahles. Wie sich diese Stimmung entladen wird, ist noch nicht voraussehbar. „Aber sie wird sich entladen“, sagt der Abgeordnete. Im Moment rettet Hessen die Parteiführung. Weil Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel dort noch bis zum 28. Oktober im Wahlkampf ist, wird man mit Abrechnungen jeder Art abwarten.

Auch die in Bayern sensationell starken Grünen haben ein Hessen-Problem, allerdings in der Luxusvariante. Soll man tatsächlich mit der CSU koalieren, lautet die Frage, die sich ihnen am Sonntagabend stellen könnte. Mit jener Partei, die Feindbild schlechthin für viele Grüne ist – was auch umgekehrt gilt. Ein solches Bündnis könnte den grünen Wahlkämpfern in Hessen die Stimmung verhageln. Sie sind mit derzeit 18 Prozent ebenfalls nahe an einem historischen Ergebnis. Wahrscheinlich werden sich die Grünen erst einmal zwei Wochen lang nicht in die Karten schauen lassen.

Die Liberalen stehen vor einer Zitterpartie

Für die Liberalen ist Bayern eine Achterbahn. In der vorletzten Legislaturperiode regierte man noch mit, dann flog man aus dem Parlament und nun könnte es wieder zum Mitregieren reichen. Spitzenkandidat Martin Hagen bietet sich schon an, obwohl die Umfragewerte mit 5,5 Prozent  noch auf eine Zitterpartie hindeuten. „Die CSU braucht einen Aufpasser an ihrer Seite“, erklärte er gestern und bekundete, dass Schwarz-Gelb seine Wunschkoalition sei. Falls es eine Dreierkoalition sein muss, wünscht sich Hagen die Freien Wähler dazu. Parteichef Christian Lindner  dürfte das recht sein. Er verweist als Beweis der Unabhängigkeit der FDP gern darauf, dass man in den Ländern unterschiedlichsten Koalitionen angehöre.

Die Linke galt in Bayern bisher als unwählbar. Noch nie reichte es für Sitze im Landtag. Doch das Klima scheint sich verändert zu haben. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erlebte bei ihren Wahlkampfeinsätzen nicht nur volle Säle, sondern auch großen Respekt. In Mertingen wurde sie vor ihrer Veranstaltung gar gebeten, sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen, die christsozialen Kommunalvertreter standen stolz daneben. Gut sieht es für die Partei auch in Hessen aus, wo man bisher immer um den Einzug in den Landtag bangen musste. Jetzt liegt man dort in den Umfragen bei acht Prozent. Mit beiden Urnengängen könnte sich die Linke stärker im Westen verankern.

Für die AfD deutet sich ein doppelter Triumph an. Laut den letzten Umfragen wird sie in Bayern wie in Hessen mit einem knapp zweistelligen Ergebnis in die Landtage einziehen – und ihre politische Landkarte damit um die letzten noch fehlenden Landtage komplettieren. In Bayern kommt noch die Genugtuung hinzu, sich neben der CSU und den Freien Wählern als dritte konservative Kraft durchgesetzt zu haben.

Und das, obwohl die Führung der Christsozialen nichts unversucht gelassen hat, den Rechtspopulisten das Thema Flüchtlinge streitig zu machen.

Söder: Ich bewerbe mich um die Zukunft

Und die CSU? Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich selbstkritisch zu seinem bisherigen politischen Führungsstil. „Ich gebe aber zu, die Rolle des Landesvaters nach sechs Monaten ist noch nicht so einfach“, sagte er. „Selbst eine normale Vaterschaft braucht neun Monate. Also werbe ich einfach um die Zukunft und die Chance, das Land weiterführen zu können.“ Söder betonte aber auch, dass er inhaltlich mit der Arbeit von sich und seiner CSU-Regierung sehr zufrieden sei: „Ich glaube, dass wir das gar nicht schlecht gemacht haben.“