Belegung von Flüchtlingsheim geht weiter - Proteste friedlich
Die Flüchtlinge in Berlin-Hellersdorf haben die erste friedliche Nacht erlebt. Jetzt sollen sich Anwohner und Flüchtlinge aneinander gewöhnen. Die Proteste halten an - Politiker sorgen sich.
Berlin (dpa). Trotz der angespannten Lage am Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf sollen in den kommenden Tagen weitere Menschen einziehen. Die Belegung werde nicht gestoppt, sagte die Sprecherin des Landesamts für Gesundheit und Soziales, Silvia Kostner, am Donnerstag. Flüchtlinge, die wegen der ausländerfeindlichen Stimmung dort nicht wohnen wollten, könnten in der Erstaufnahmestelle bleiben oder in eines der anderen 29 Heime ziehen. „Es wird keiner gezwungen, nach Hellersdorf zu ziehen.“ Am Donnerstagmorgen hatte sich die Situation vor dem Flüchtlingsheim allerdings schon deutlich beruhigt.
In den kommenden Wochen soll die Zahl der Flüchtlinge in Hellersdorf behutsam gesteigert werden, damit sich die Anwohner an die neuen Nachbarn gewöhnen und sie kennenlernen können. „Es muss jetzt erstmal möglich sein, sich zu begegnen“, betonte die in Marzahn-Hellersdorf direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Petra Pau (Linke) im Deutschlandfunk. Viele Anwohner wüssten nicht, welchen Restriktionen Flüchtlinge unterworfen seien und dass sie beispielsweise überhaupt nicht arbeiten dürften.
Seit Wochenbeginn hatte es immer wieder aggressive Proteste gegen das Heim gegeben. Rechtsradikale Gruppen nutzten die Situation für ihre Zwecke aus. Innenminister Hans-Peter Friedrich sorgt sich deshalb um den Ruf Deutschlands. „Deutschland ist eines der beliebtesten Länder der Welt“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“. „Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses positive Bild zerstört wird. Neonazis schaden unserem Vaterland.“
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck konterte, Friedrich habe die rassistischen Proteste mit seiner „Panikmache gegen Roma und Asylbewerber“ selbst hervorgerufen. Nicht das Deutschland-Bild, sondern der Rassismus solle der Bundesregierung Sorgen machen. Auch die sechs Direktkandidaten für die Bundestagswahl in Hellersdorf stellten sich hinter die Flüchtlinge.
Am Donnerstag liefen Demonstrationen von Gegnern und Anhängern des Heimes zunächst friedlich. Eine Kundgebung der islamfeindlichen Bürgerbewegung pro Deutschland in der Nähe des Alexanderplatzes wurde von lautstarken Gegendemonstranten gestört. Rund 400 Polizisten waren im Einsatz.
In Berlin leben zur Zeit rund 6500 Flüchtlinge in Sammelunterkünften. In den kommenden Monaten soll Platz für weitere 1000 Menschen gefunden werden. Ein neues Heim soll im Dezember für rund 220 Flüchtlinge im Stadtteil Pankow öffnen.