Bis zu 1,27 Milliarden Euro mehr für Ärzte - Trotzdem Proteste
Berlin (dpa) - Deutschlands Kassenärzte sollen im kommenden Jahr zwischen 1,15 und 1,27 Milliarden Euro mehr verdienen - trotzdem wollen tausende Mediziner an diesem Mittwoch protestieren.
Mit ihrer Einigung legten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Krankenkassen-Verband ihren monatelangen Honorarstreit am Dienstag in achtstündigen Verhandlungen bei.
Dennoch bleiben die niedergelassenen Ärzte auf Protestkurs, wie ein Sprecher der Allianz ihrer Berufsverbände deutlich machte. In einer Schaltkonferenz stimmte demnach noch am späten Abend eine Mehrheit dafür, an der Protestplanung festzuhalten. 25 000 bis 30 000 Ärzte und Angestellte wollten am Vormittag und Mittag bei den Kundgebungen vor 35 Krankenkassen-Filialen ihrem Ärger Luft machen.
Die Patienten sollten vorher bei ihrer Praxis nachfragen, ob sie geöffnet habe oder mit reduziertem Personal arbeite, sagte der Sprecher der Allianz. Vor allem viele Orthopäden, Magen-Darm- und Herz-Spezialisten, Hals-Nasen-Ohren- und Lungenärzte wollten ihre Praxen ganz geschlossen halten. Die Proteste richten sich nicht nur gegen die Honorarpolitik der Kassen, sondern auch gegen ein Übermaß an Bürokratie. Die Organisatoren der Proteste saßen nicht mit am Verhandlungstisch.
Wie hoch das ausgehandelte Honorar-Plus genau ausfällt, war von weiteren Details abhängig, die in den Regionen verhandelt werden sollen. Die Steigerung beläuft sich auf drei bis vier Prozent, wie der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler sagte. Die KBV hatte 3,5 Milliarden Euro mehr verlangt. Die Kassen waren zunächst nur zu einem Plus von 900 Millionen Euro bereit.
Köhler begrüßte, dass die Psychotherapeuten wie von der KBV gefordert künftig aus einem gesonderten Honorartopf bezahlt werden sollen. Kassenverbands-Vize Johann-Magnus von Stackelberg hob hervor, dass es mehr Geld für die Grundversorgung durch Haus- und Fachärzte geben soll. Der Chef des Entscheidungsgremiums, der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, bezifferte das dafür veranschlagte Honorar auf 250 Millionen Euro.
„Wir haben Eckpunkte beschlossen“, sagte Wasem. Der Honorarstreit sei beendet. Die Details sollen bei einer weiteren Runde am 22. Oktober noch formal beschlossen werden. Stackelberg sagte, es sei ein langer Weg gewesen. Wie Köhler zeigte er sich aber zufrieden.
Gemäß der Vereinbarung soll es dabei bleiben, dass die Preise für ärztliche Behandlungen und Diagnosen im Volumen von 270 Millionen Euro steigen sollen. Verhandelt worden war bis zuletzt über die Menge der Leistungen und die besondere Stellung der Psychotherapeuten, die bisher beim Honorar im Vergleich zu anderen Arztgruppen besonders schlecht wegkamen.
Pro Monat verdienen Kassenärzte im Schnitt 5442 Euro netto - bei großen Unterschieden. Für Ärzte-Honorare stiegen die Kassenausgaben 2011 um gut zehn Prozent auf 33,7 Milliarden Euro.