Bremer Polizei will reden statt Strafzettel verteilen
Verkehrssünder müssen keine Bußgelder fürchten. Die Ordnungshüter wollen damit die Landesregierung ärgern.
Bremen. Über eine rote Ampel gelaufen? Nicht angeschnallt am Steuer erwischt? Mit dem Rad über den Fußweg gefahren? In Bremen können einsichtige Sünder derzeit mit ungewohnter Nachsicht bei der Polizei rechnen. „Reden statt Strafzettel verteilen“ — so lautet das Motto der Ordnungshüter für diesen Sommer. Ein kleiner Plausch über die Gefahren des verkehrswidrigen Verhaltens, und schon ist die Sache abgehakt.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bremen nennt das Ganze „bürgerfreundliche Strategie“. Sicher ist: Den Portemonnaies der Bürger wird es zugutekommen. Aber sicher ist auch: Dem von Finanznöten geplagten Bremen entgehen dadurch wichtige Einnahmen. Genau darum geht es den Wachtmeistern. Sie wollen gegen die Sparpolitik im Land protestieren, die sie empfindlich trifft. Denn streiken dürfen Beamte nicht.
Die Bürgerschaft hatte eine Nullrunde für viele Staatsdiener beschlossen. Die im öffentlichen Dienst vereinbarten Tariferhöhungen sollen für die oberen Besoldungsstufen gar nicht und für die anderen zeitversetzt gelten. Dazu kommt das hochgesetzte Pensionsalter. „Die Kollegen sind frustriert“, sagt Vize-GdP-Chef Heinfried Keithahn.
Gerade im Sommer, wenn mehr Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer unterwegs sind, ist für die Polizei viel zu holen. Bei kleineren Vergehen müssen sie jedoch keine Bußgelder kassieren, sie können auf Aufklärung setzen. „Wir unterstützen das, wenn die Kollegen ihren Ermessensspielraum nutzen“, sagt Keithan. In einer Wache gehen die Polizisten schon so vor: Dort sank die Zahl der Strafzettel im ersten Halbjahr im Vergleich zu 2012 um 60 Prozent.