Bundespolizei: Seeger nennt Entlassung „würdelos“

Berlin (dpa) - Die Betroffenen erfuhren von ihrer Ablösung aus den Medien - jetzt hat das Innenministerium die Neubesetzung an der Spitze der Bundespolizei bestätigt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht sich deswegen immer schärferer Kritik ausgesetzt.

Der bisherige Chef Matthias Seeger, der am Montag auch offiziell in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, nannte diesen Schritt „einmalig würdelos“. Neuer Chef der Bundespolizei wird der bisherige Referatsleiter für Terrorismus-Bekämpfung im Innenministerium, Dieter Romann. Eine Begründung für die Entscheidung des Ministeriums gab es nicht.

Die beiden Stellvertreter Seegers, Wolfgang Lohmann und Michael Frehse, erhalten neue Aufgaben. Das teilte der Sprecher des Innenministeriums, Jens Teschke, in Berlin mit. Ihre Nachfolger werden nach Angaben aus Regierungskreisen der Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder im Bundesministerium, Jürgen Schubert, und der Haushaltsreferatsleiter in der Zentralabteilung des Ministeriums, Franz Palm.

Teschke lobte den künftigen Bundespolizei-Chef Romann als „ausgewiesenen Fachmann“. Er verwies darauf, dass Romann Mitte Juni die Razzia gegen radikal-islamische Salafisten koordiniert hatte.

Friedrich hatte die drei Spitzenbeamten am Montag ins Ministerium „einbestellt“ und sie persönlich über die Ablösung informiert. Der Vorwurf, die Betroffenen nicht rechtzeitig ins Bild gesetzt zu haben, sei „irreführend“, sagte Teschke. Die Personalien seien vorzeitig bekanntgeworden. Dies sei „nicht glücklich“, aber nicht Schuld des Ministeriums.

Seeger bezeichnete seine Versetzung in den Ruhestand und die Ablösung seiner beiden Stellvertreter in der „Bild“-Zeitung als „einmalig würdelosen Vorgang“. Er sagte dem Blatt (Dienstag): „Das ist unehrenhaft und geradezu beschämend.“ Vorwürfe wegen angeblicher Kontakte zum weißrussischen Regime nannte Seeger „kompletten Unfug“.

Er bestätigte zwar, bis vor zwei Jahren Kontakte zum weißrussischen Grenzschutz gehabt zu haben. Dabei sei es um Fragen der Grenzsicherung gegangen - dies sei vom Ministerium gebilligt und gewünscht gewesen. Seeger fügte hinzu: „Als sich das Land mehr und mehr zu einer Diktatur entwickelt hat, haben wir die Kontakte abgebrochen.“

Die Bundespolizei ist für die Sicherheit im Bahnverkehr, an den Land- und Seegrenzen und auf den großen Flughäfen zuständig. Sie hat gut 40 000 Mitarbeiter.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Montag): „Das Verhältnis von Polizei und Innenminister ist nachhaltig beschädigt.“ Dem Radiosender NDR-Info sagte Wendt, „seit Wochen und Monaten“ seien aus dem Innenministerium heraus gezielt Indiskretionen zum Schaden der Beamten an die Öffentlichkeit gegeben worden. „Das ist ein unerhörter Vorgang, so geht man nicht mit Führungskräften um.“

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, kritisierte Friedrichs Personalpolitik: „Es wird einsam um den Bundesinnenminister“, sagte er. Friedrich werde damit „selbst zu einem Sicherheitsrisiko“ und müsse sich für seine fragwürdige Personalpolitik vor dem Parlament rechtfertigen.

Der 57 Jahre alte Seeger war seit 2008 im Amt. In Koalitionskreisen hatte es schon am Wochenende geheißen, es gebe große Unzufriedenheit darüber, dass die Bundespolizei immer wieder mit Interna in die Öffentlichkeit geraten sei. Innerhalb der Organisation war wiederholt Unzufriedenheit über strukturelle Mängel geäußert worden.

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), äußerte Verständnis für Seeger. „Wenn Herr Seeger darüber enttäuscht ist, dass er aus der Presse von seiner Abberufung erfahren hat, kann ich diese Enttäuschung verstehen“, sagte Bosbach der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag). Bosbach zeigte aber auch Verständnis für Friedrich. „Wenn das Vertrauensverhältnis innerhalb der Führung der Bundespolizei gestört ist, muss ein Minister handeln.“ Auch der CDU/CSU-Fraktionsvize Günter Krings meinte: „Es ist das gute Recht eines jeden Ministers, das Spitzenpersonal in seinen Behörden auszusuchen und zu verändern.“