Bundesregierung will Eilverfahren für Asylbewerber
Berlin/Ankara (dpa) - Die Bundesregierung will bei einer großen Gruppe von Flüchtlingen künftig Asylverfahren im Eiltempo anwenden.
Neben Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ und Asylbewerbern mit Folgeanträgen können die Schnellverfahren demnach in Zukunft auch für jene greifen, die falsche, widersprüchliche oder „offensichtlich unwahrscheinliche“ Angaben gemacht, Dokumente zurückgehalten, ihre Papiere „mutwillig vernichtet oder beseitigt“ haben oder „unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist“ sind.
Scharfe Kritik kam von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. „Hier wird ein uferloses Schnellverfahren eingeführt“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der dpa. „Potenziell sind alle Flüchtlinge betroffen, weil man den meisten unterstellen kann, sie hätten falsche Angaben gemacht oder ihre Papiere vernichtet.“ Die Schnellverfahren hebelten ein faires Asylverfahren aus. „Und es wird unverhältnismäßig sanktioniert, wenn man einen Verstoß gegen die Residenzpflicht begeht.“
Die Betroffenen sollen laut Gesetzentwurf künftig in „besonderen Aufnahmeeinrichtungen“ untergebracht werden. Sie sind verpflichtet, dort bis zum Abschluss ihres Verfahrens zu wohnen, und sie dürfen den jeweiligen Bezirk nicht verlassen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll die Asylanträge in diesen Sondereinrichtungen innerhalb einer Woche abarbeiten. Bei einem Nein haben die Betroffenen eine Woche Zeit, um Einspruch einzulegen. „Das Verwaltungsgericht entscheidet dann innerhalb einer Woche“, heißt es im Entwurf. Insgesamt sollen die Verfahren dort also maximal drei Wochen dauern - und abgelehnte Asylbewerber direkt zurückgeschickt werden.
Vorgesehen sind in dem Entwurf auch zahlreiche Verschärfungen, um Abschiebungen zu erleichtern. Abgelehnte Asylbewerber sollen demnach nur noch in besonders schwerwiegenden Fällen aus gesundheitlichen Gründen davon verschont werden. Die Regierung will mit dem Gesetzesentwurf auch den Familiennachzug beschränken: und zwar für Menschen, die nicht als Flüchtling anerkannt sind, aber dennoch nicht heimgeschickt werden, weil ihnen dort ernsthafter Schaden droht. Die Koalitionsspitzen hatten sich Anfang November in Grundzügen auf das neue Asylpaket verständigt.
Unionsinterne Kritiker von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßen nach einem Bericht des „Spiegels“ eine Wende in der deutschen Flüchtlingspolitik durch die Einführung europaweiter Kontingente. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, dies zähle „seit geraumer Zeit zu unseren Forderungen“. Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder, sagte, wenn Flüchtlingskontingente eingeführt würden, „wäre es eine Trendwende“. Merkel hatte sich beim G-20-Gipfel in der Türkei Anfang der Woche dafür ausgesprochen, mit Ankara über die Aufnahme einer festgelegten Zahl von Flüchtlingen in die EU zu verhandeln.
Dazu soll es demnächst ein gemeinsames Treffen zwischen Griechenland, der Türkei und Deutschland geben. Das sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Mittwoch nach einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Ankara. Einen Zeitpunkt für den Dreiergipfel nannte er nicht.
Die Türkei hat mehr als zwei Millionen Flüchtlinge alleine aus Syrien aufgenommen. Täglich versuchen Migranten, über die Ägäis nach Griechenland und damit nach Europa zu gelangen. Allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres sind mehr als 650 000 Migranten und Flüchtlinge auf dem Weg nach Westeuropa aus der Türkei nach Griechenland gekommen. Viele sterben bei der gefährlichen Überfahrt.
Dänemarks Regierung will ihre Ausländerpolitik noch in dieser Woche verschärfen. Dem Parlament wollten die Liberalen am Mittwochabend 13 Gesetzesänderungen vorlegen, auf die sie sich zuvor mit einem großen Teil der Opposition geeinigt hatten. Danach soll die Polizei Asylbewerber bei ihrer Einreise „kürzere Zeit“ festhalten dürfen, um ihre Identität festzustellen. Sie soll außerdem Bahnen, Busse und Fähren an der Grenze stoppen dürfen, um die öffentliche Ordnung zu bewahren. Festgenommene Ausländer sollen nicht mehr das Recht haben, nach 72 Stunden freigelassen oder einem Richter vorgeführt zu werden.