Urteil im Eilverfahren Bundesverfassungsgericht verkündet Entscheidung zu Ceta

Karlsruhe (dpa) - Keine 24 Stunden nach der Verhandlung über das umstrittene Freihandelsabkommen der EU mit Kanada verkündet das Bundesverfassungsgericht heute sein Urteil im Eilverfahren. Damit entscheidet sich, ob die Bundesregierung Ceta mit auf den Weg bringen kann.

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Schert Deutschland aus, kann das Abkommen nicht wie geplant am 27. Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden.

Vorgesehen ist, dass Ceta nach der Unterzeichnung in Teilen bereits vorläufig in Kraft treten kann, noch ehe der Bundestag und die Parlamente der anderen EU-Staaten zugestimmt haben. Die Kläger wollen erreichen, dass die Verfassungsrichter der Bundesregierung untersagen, diesem Verfahren bei einem Treffen der EU-Handelsminister am 18. Oktober zuzustimmen. (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.)

Unmittelbar nach der Urteilsverkündung will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) um 10.45 Uhr in Berlin eine Erklärung abgeben. Der Vizekanzler hatte am Mittwoch in der Karlsruher Verhandlung eindringlich vor einem Stopp von Ceta gewarnt. Er sprach von einem gigantischen Schaden für Deutschland und die EU.

Der Widerstand gegen das Abkommen ist groß. Das Aktionsbündnis „Nein zu Ceta“ der Organisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie hat für seine Verfassungsbeschwerde mehr als 125 000 Mitkläger mobilisiert. Die Musiklehrerin Marianne Grimmenstein hat rund 68 000 Mitstreiter. Weitere Kläger sind die Linke-Abgeordneten im Bundestag und der Europaabgeordnete Klaus Buchner (ÖDP).

Einen Erfolg haben die Kläger bereits erzielt: Das Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle kündigte am Mittwoch an, über ihre Verfassungsbeschwerden zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich zu verhandeln. Im Eilverfahren prüfen die Richter nur, ob bis dahin nicht korrigierbare Nachteile entstehen, wenn Ceta in Kraft tritt.

Zentraler Punkt der Verhandlung war deshalb die Frage, ob Deutschland aus dem Abkommen nach dessen vorläufigem Inkrafttreten überhaupt wieder herauskäme. Die Bundesregierung vertrat die Auffassung, dass die Kündigung auch durch einen Einzelstaat möglich sei. Gabriel sagte dem Gericht zu, dies auch verbindlich festzuhalten. Dies könnte möglicherweise eine Kompromisslinie sein.

Die Gegner des Abkommens befürchten negative Folgen für den Verbraucherschutz, Sozial- und Umweltstandards. Außerdem sehen sie demokratische Prinzipien ausgehöhlt.

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, schrieb in der „Passauer Neuen Presse“: „Ceta bedeutet Dumpingstandards bei Umwelt- und Verbraucherschutz, es verschafft Konzernen Klageprivilegien vor Schiedsgerichten, es gefährdet unsere öffentliche Daseinsvorsorge und untergräbt das Vorsorgeprinzip.“

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sagte dagegen den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Das Ceta-Abkommen wird sich positiv auf die Exporte und die deutsche Wirtschaft auswirken.“