China bleibt gegenüber der EU hart
Peking (dpa) - Im Handelsstreit mit Europa bleibt China kompromisslos. China wolle keinen „Handelskrieg“, aber bestehe darauf, dass Europa seine vertraglichen Verpflichtungen erfülle und China als Marktwirtschaft einstufe.
Das sagte Regierungschef Li Keqiang auf einer Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Peking. Die Kanzlerin sagte, sie stelle frühere Zusagen „nicht in Frage“ und wolle zwischen Brüssel und Peking vermitteln. Der Marktwirtschaftsstatus würde China vor Anti-Dumping-Klagen und hohen Strafzöllen bewahren, wenn es Waren unter Marktpreis anbietet.
Der Streit überschattete die vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, bei denen Merkel auch zweieinhalb Stunden mit Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammentraf. Es sei um alle Themen der Beziehungen und die „künftige Zusammenarbeit in einer innovationsgetriebenen Wirtschaft gegangen“, hieß es. Auch sei über die Zusammenarbeit in der Gruppe der Industrie- und Schwellenländer (G20) gesprochen worden. China hat gerade die G20-Präsidentschaft, Deutschland übernimmt nach dem G20-Gipfel im September in Hangzhou.
Merkel war mit sechs Ministern sowie mehreren Staatssekretären angereist. 24 Abkommen für den Ausbau der Kooperation wurden unterzeichnet. Die Geschäftsvereinbarungen haben ein Volumen von 2,73 Milliarden Euro. Der mitreisende Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) berieten mit ihren Kollegen über Krisenherde und Finanzfragen.
Justizminister Heiko Maas (SPD) traf auch chinesische Anwälte und Vertreter regierungsunabhängiger Organisationen. Sie hätten ihn bestärkt, trotz der gewachsenen Verfolgung von Bürgerrechtsanwälten in China den laufenden Rechtsdialog fortzusetzen. Der „permanente Druck“ helfe ihnen. Auch soll der Austausch von Richtern künftig auf Anwälte ausgeweitet werden, kündigte Maas an.
In den Handelsstreitigkeiten mit Europa forderte Premier Li die Kanzlerin mehrmals auf, sich für China einzusetzen. „Wir erwarten von der deutschen Seite, dass sie bei der Pflichterfüllung der EU eine positive Rolle spielt.“ Merkel sicherte ihre Vermittlung zu. Nach ihrer China-Reise werde sie mit EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker sprechen. Im Juli gibt es einen EU-China-Gipfel in Peking.
Europa steckt in einem Dilemma. Der Marktwirtschaftsstatus wurde der inzwischen zweitgrößten Volkswirtschaft 2001 bei der Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) bis Ende dieses Jahres in Aussicht gestellt. Aus Angst um Arbeitsplätze und wegen der Flut billiger Stahlimporte hat das EU-Parlament im Mai aber mit großer Mehrheit eine solche Einstufung Chinas abgelehnt.
Neben der Zustimmung des Parlaments wäre dafür auch noch eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten notwendig. Als Kompromiss will die EU-Kommission deswegen in einzelnen Branchen weiter Schutzmechanismen gegen Billigimporte aus China einrichten können. Doch ließ Chinas Premier hier kein Entgegenkommen erkennen.
China habe bei der WTO-Aufnahme seine Pflichten erfüllt, sagte Li. Jetzt sei die EU an der Reihe. „Wir wollen keinen Handelskrieg.“ Davon würde niemand profitieren, erst recht nicht bei der gegenwärtigen Konjunkturschwäche. Merkel sagte, die deutsche Seite erinnere sich sehr gut an die damalige Zusage in Artikel 15. Die EU kenne ihre Pflichten. „Die Kommission arbeitet an einer Lösung.“
In der Debatte um den Kauf deutscher Hochtechnologie durch chinesische Firmen plädierte Merkel für eine Gleichbehandlung deutscher Unternehmen in China und eine weitere Öffnung des Marktes. „Wir erwarten Reziprozität auch auf der chinesischen Seite“, sagte die Kanzlerin zu der Übernahme des deutschen Roboterbauers Kuka.
Im gemeinsamen Wirtschaftsausschusses sagte der Co-Vorsitzende Hubert Hans Lienhard anschließend, Deutschland habe die Offenheit des Investitionsstandorts zum Prinzip erklärt. „Gerade deswegen haben wir das Recht zu fordern, dass China das auch als Chance für den eigenen Markt erkennt“, sagte der Vorstandschef der Voith GmbH, die größter Aktionär bei Kuka ist. „Wir wollen Gleichberechtigung.“
Lienhard, der auch Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (APA) ist, listete viele Probleme auf. Der Marktzugang in China sei nach wie vor erschwert. Beteiligungsgrenzen und langwierige Verfahren müssten wegfallen. Der Zwang zu Joint-Ventures wie in der Autoindustrie in China schade dem Wettbewerb. „Wir brauchen ein offenes schnelles und sicheres Internet.“ Mangelnde Cyber-Sicherheit sei ein Hemmnis. „Es muss auf erzwungene Technologietransfers verzichtet werden.“