Deutsche Rentenversicherung Corona rüttelt an der Grundrente
Berlin. · Der Zeitplan der geplanten Grundrente ist durch eingeschränkte Arbeitsabläufe bei der Rentenversicherung in Gefahr.
Die Corona-Pandemie rüttelt auch an der pünktlichen Einführung der Grundrente. Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts soll sie am 1. Januar 2021 starten. Wegen der virusbedingten Beeinträchtigung ihrer Arbeitsabläufe bremst die Deutsche Rentenversicherung jedoch diese Erwartung.
Geht alles nach Plan, dann soll der Gesetzentwurf zur Grundrente bereits in der kommenden Woche im Bundestag beraten werden. Rund 1,3 Millionen vormalige Geringverdiener mit mindestens 33 Beitragsjahren können demnach bei ihren gesetzlichen Altersbezügen zum Teil mit deutlichen Aufschlägen rechnen. Voraussetzung ist eine Einkommensprüfung, bei der Renten und andere Einkünfte wie etwa Kapitalerträge maßgebend sind, nicht aber die gesamten Vermögenverhältnisse. Wer eine so geringe Rente erhält, dass sie durch Grundsicherung im Alter (Hartz IV) aufgestockt werden muss, bekommt einen Freibetrag. Er soll garantieren, dass das Alterseinkommen dann in jedem Falle oberhalb der Grundsicherung liegt. Die Kosten im Startjahr liegen bei rund 1,3 Milliarden Euro und erhöhen sich bis 2026 auf 1,6 Milliarden Euro.
Fachleute hatten allerdings von Anfang an starke Zweifel, ob die Pläne wegen des hohen bürokratischen Aufwands bis zum Jahresende umsetzbar sind. Bei der Deutschen Rentenversicherung hat sich diese Skepsis nun durch das Corona-Virus offenbar noch verstärkt. „Wir werden in den kommenden Wochen noch genauer sehen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf unsere Arbeitsabläufe hat“, zitierte die „FAZ“ jetzt einen Sprecher der Rentenversicherung.
Auf Nachfrage hieß es aus der Behörde, die Corona-Krise sei „wie in anderen Institutionen auch ein limitierender Faktor“. So würden viele Mitarbeiter in der jetzigen Situation Überstunden abbauen oder zögen Urlaube vor. „Dazu gehören auch Mitarbeiter in der IT-Abteilung, die die Grundrente programmieren.“
Vorschläge für eine Einführung per Stufenmodell
Hinzu kommt den Angaben zufolge noch, dass von allen Rentenversicherungsträgern ab der kommenden Woche insgesamt knapp 200 Mitarbeiter zur Bundesagentur für Arbeit abgeordnet werden, um dort die vielen Anträge auf Kurzarbeitergeld zu bearbeiten.
Für die Einführung des Zuschlags muss die Rentenversicherung in jedem Einzelfall prüfen, wer von den über 21 Millionen Rentnern Anspruch auf Grundrente hat. „Der Aufbau der IT-Verfahren ist sehr komplex und wird bis zum Jahresende nicht abgeschlossen sein“, hieß es aus der Behörde.
Während der Wirtschaftsflügel der Union die Grundrente am Dienstag aus Kostengründen generell in Frage stellte, machte sich der Sozialflügel der CDU für eine stufenweise Einführung stark. „Die komplette Auszahlung der Grundrente bereits ab dem 1. Januar wird wegen des hohen bürokratischen Aufwands bei gleichzeitigen Einschränkungen der internen Arbeitsabläufe durch das Corona-Virus voraussichtlich nicht funktionieren“, erklärte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales, Peter Weiß, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Vorstellbar sei daher ein Stufenplan, „dass man mit dem Freibetrag in der Grundsicherung anfängt“. Dies sei noch am einfachsten zu administrieren und der wichtigste Beitrag für Menschen, die das Geld wirklich bräuchten, erläuterte der Sozialexperte. In einem zweiten Schritt könnte die Grundrente für alle Neurentner mitberechnet werden. „Und in einem dritten Schritt wird die Berechnung gestaffelt nach Altersgruppen für diejenigen vorgenommen, die bereits in Rente sind. Wobei hier die Ältesten zuerst berücksichtigt werden müssen“, sagte Weiß.
Aus dem Bundesarbeitsministerium hieß es am Dienstag leidglich, dass man weiter am geplanten Einführungstermin für die Grundrente festhalte.