CSU holt absolute Mehrheit zurück - FDP raus
München (dpa) - Eine Woche vor der Bundestagswahl hat die CSU die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag zurückerobert.
Die Christsozialen von Ministerpräsident Horst Seehofer kamen bei der Wahl am Sonntag nach ersten Hochrechnungen auf knapp 50 Prozent - sie sandten damit ein starkes Signal Richtung Berlin, wo Schwarz-Gelb am 22. September bestätigt werden will. Die seit fünf Jahren in München mitregierende FDP verpasste allerdings nach den Zahlen von ARD und ZDF klar den Wiedereinzug ins Parlament. SPD, Grüne und Freie Wähler schafften es gemeinsam bei weitem nicht, die CSU zu gefährden.
In einer Woche will die Union bei der Bundestagswahl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine dritte Amtszeit sichern - gemeinsam mit der FDP, deren Einzug ins Parlament allerdings auch hier auf der Kippe steht und die deswegen auf Leihstimmen setzt. Der SPD mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verschafft das erneut schwache Abschneiden der bayerischen Sozialdemokraten mit etwas mehr als 20 Prozent keinen Rückenwind. Steinbrück möchte Regierungschef einer rot-grünen Koalition werden.
In Bayern holt Seehofers CSU laut Hochrechnungen von 18.00 Uhr 49 Prozent. Sie legt damit nach ihrem historischen Absturz vor fünf Jahren (43,4) um gut fünf Punkte zu. Gleichwohl ist es das zweitschlechteste Abschneiden der CSU bei einer Bayern-Wahl seit 47 Jahren. Die in Bayern seit gut fünf Jahrzehnten oppositionelle SPD mit Spitzenkandidat Christian Ude kommt nach den Hochrechnungen auf 20,7 bis 20,9 Prozent - ihr drittschlechtestes Ergebnis in Bayern seit 1946. Sie liegt damit nur gut zwei Punkte über ihrem schwächsten Resultat von 2008 (18,6).
Die 2008 nach 14 Jahren Pause in den Landtag zurückgekehrte FDP sackt von 8,0 Prozent dramatisch auf 3,0 Prozent ab und fliegt damit wieder aus dem Parlament. Die Grünen verlieren mit 8,3 bis 8,5 Prozent (2008: 9,4) etwa einen Punkt. Die Freien Wähler (FW) müssen nach ihrer ersten Legislaturperiode in einem Landesparlament leichte Einbußen hinnehmen (2008: 10,2), sind aber mit 8,4 bis 8,5 Prozent weiter im Maximilianeum vertreten. Linke und Piratenpartei schaffen den Sprung ins bayerische Parlament nicht. Die im Bund antretende eurokritische Alternative für Deutschland nahm an der Bayern-Wahl nicht teil.
Die Sitzverteilung sieht nach den ARD-Hochrechnungen so aus: CSU 102 (2008: 92 Mandate), SPD 43 (39), Grüne 17 (19), Freie Wähler 18 (21). Durch Überhang- und Ausgleichsmandate sind leichte Verschiebungen der Mehrheitsverhältnisse im Landtag möglich. Wahlberechtigt im größten deutschen Flächenland waren rund 9,5 Millionen Menschen - etwa 15 Prozent der deutschen Wahlbevölkerung.
Die Schwesterpartei CDU wertete die absolute CSU-Mehrheit in Bayern als wichtigen Rückenwind für die Bundestagswahl. „Das bringt für uns den notwendigen Schwung, die letzte Woche nochmal alles zu geben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles meinte: „Wir sind die einzige Oppositionspartei, die dazugewonnen hat.“ Nach dem Aus der FDP in Bayern sei das Rennen gegen Schwarz-Gelb im Bund wieder offen. Grünen-Chefin Claudia Roth kündigte an, ihre Partei wolle sich nun im Endspurt auf Kernthemen wie Energiewende und Gerechtigkeit konzentrieren.
Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren war die CSU von 60,7 Prozent (2003) um 17 Punkte auf nur noch 43,4 Prozent abgerutscht. Erstmals seit Jahrzehnten war sie auf einen Koalitionspartner angewiesen. Der nur ein Jahr lang amtierende Ministerpräsident Günther Beckstein musste damals ebenso gehen wie Erwin Huber als Parteichef, Seehofer wurde als eine Art Retter aus Berlin geholt und übernahm beide Ämter.
Seehofer - erstmals Hauptverantwortlicher für das Abschneiden der CSU bei einer Landtagswahl - setzte im Wahlkampf voll auf die Bayern- Karte. Trotz der bevorstehenden Bundestagswahl fiel er mit Querschüssen gegen Schwarz-Gelb in Berlin und Kanzlerin Merkel auf.
Jüngstes Beispiel war seine wiederholte Forderung nach einer Pkw-Maut für Ausländer. Der CSU-Chef drohte gar, ohne Umsetzung dieses Ziels werde sich seine Partei nicht an einer Koalition in Berlin beteiligen. Merkel, die im Bundestagswahlkampf Festlegungen zu dem Thema lange vermieden hatte, entgegnete schließlich, mit ihr werde es die Maut nicht geben.
Die Verwandtenaffäre im Münchner Landtag, die vor allem CSU-Politiker betraf, schadete dem CSU-Ergebnis offenkundig nicht. Die Beschäftigung von Familienangehörigen im Landtag hatte über den Freistaat hinaus für viel Wirbel gesorgt und etliche Mandatsträger in Misskredit gebracht.
SPD-Mann Ude - in der Landeshauptstadt München seit zwei Jahrzehnten unangefochten Oberbürgermeister - konnte seine landesweite Popularität kaum in Wählerstimmen ummünzen. Der wendige Regierungschef Seehofer schnappte der Opposition strittige Wahlkampf-Themen weg, indem er eine Reihe klassischer CSU-Positionen räumte und etwa den sanften Donau-Ausbau auf den Weg brachte oder die Studiengebühren abschaffte.
Laut ARD-Wahlanalyse schätzten die Wähler die wirtschaftliche Lage im Freistaat noch nie so gut ein wie derzeit. Die meisten neuen CSU-Wähler gewann Seehofer demnach aus dem Reservoir der Nichtwähler (340 000), aber auch viele aus der FDP-Klientel (120 000).
Am Sonntag durften die Bayern auch über fünf Verfassungsänderungen abstimmen, darunter neue Staatsziele wie die Schuldenbremse. Zudem wählten sie die Bezirkstage in den sieben Regierungsbezirken. Dies ist eine Besonderheit im Freistaat, in dem Wahlkreise Stimmkreise heißen. Ergebnisse dieser Abstimmungen werden frühestens Montagabend erwartet.