CSU offen für rot-grünen Steuerbetrugskampf

Berlin (dpa) - Die CSU geht überraschend auf rot-grüne Forderungen ein, künftig für Steuerbetrug im großen Stil keine Straffreiheit mehr bei Selbstanzeige zu gewähren.

Ganz abschaffen will die Partei des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer die Regelung aber nicht. Für kleine Steuersünder soll dieser Ausweg aus der Kriminalität erhalten bleiben.

Seehofer sagte am Samstag nach einer CSU-Vorstandsklausur im bayerischen Kloster Andechs: „Ich kann mir vorstellen, (...) dass man dies etwas mehr auf Bagatellen begrenzt, aber große Beträge von der Selbstanzeige ausnimmt.“ Er sei gesprächsbereit. Im „Spiegel“ sagte er, Milde sei bei mafiösen Strukturen, hohen Summen oder krimineller Energie völlig unangebracht. „Gegen solche Straftäter muss der Staat mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgehen.“

Damit geht die CSU auf Distanz zu ihren Koalitionspartnern CDU und FDP, die von strengeren Regeln nichts halten, weil die Koalition die Bedingungen für Straffreiheit 2011 verschärft hat. Danach werden bei einem Betrag von mehr als 50 000 Euro die hinterzogene Steuer und Zinsen sowie ein Zuschlag von 5 Prozent erhoben. Bei Mängeln der eigenen Aufklärung gibt es keine Straffreiheit. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warnte Seehofer in der „Welt“ vor „Schnellschüssen“.
Die CSU lässt mit ihrem Schwenk aber auch Distanz zu FC-Bayern- Präsident Uli Hoeneß erkennen. Sein Fall gilt nicht als Bagatelle.

Die SPD will im Fall eines Sieges bei der Bundestagswahl im Herbst die Möglichkeit der Selbstanzeige, die Schwarzgeld-Anlegern bei voller Aufklärung und Nachzahlung Straffreiheit bietet, mittelfristig abschaffen. „Zuerst wollen wir sie reduzieren auf Bagatelldelikte und dann in einer Frist von spätestens zwei Jahren komplett auslaufen lassen“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel den „Stuttgarter Nachrichten“.

Einen Antrag der Linken auf Abschaffung hatten sowohl Union und FDP als auch SPD und Grüne am Freitag im Bundestag abgelehnt.
Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte: „Es ist niemandem zu vermitteln, dass millionenschwere Steuerbetrüger bei Selbstanzeige straffrei bleiben, während Schwarzfahrer oder Ladendiebe auch bei Selbstanzeige mit Strafe rechnen müssen.“ Nach einer Emnid-Umfrage für das Magazin „Focus“ sind 52 Prozent der Befragten für die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warf der Bundesregierung Unglaubwürdigkeit vor. Er sagte am Samstag, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe mit der Schweiz ein Steuerabkommen ausgehandelt, bei dem die Betrüger in der Anonymität geblieben wären. Die SPD habe das verhindert. Hoeneß hatte sich nach dem Scheitern des Abkommens angezeigt. Bundesrechnungshofpräsident Dieter Engels sagte dem „Tagesspiegel“ (Montag): „Es steht nicht gut um die Steuergerechtigkeit in Deutschland. (...) In einigen Bundesländern droht nur alle 30 bis 50 Jahre eine Steuerprüfung, also praktisch gar nicht.“ Dazu zählt nach einem Vorwurf der SPD auch Bayern.