CSU versucht Befreiungsschlag in Verwandtenaffäre

München (dpa) - In der Verwandtenaffäre in Bayerns Staatsregierung und Landtag versuchen Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU einen Befreiungsschlag.

Als erstes der betroffenen Kabinettsmitglieder kündigte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) am Freitagabend an, 34 000 Euro zurückzuzahlen - entweder an den Landtag oder für einen gemeinnützigen Zweck. Seehofer forderte umgehend, dass die anderen Betroffenen Spaenles Beispiel folgen. „Das ist ein guter Weg. Er wird für die Kabinettsmitglieder Fortsetzung finden“, sagte Seehofer. Auf einem CSU-Parteikonvent in München wurde er am Abend zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl bestimmt.

34 000 Euro ist etwa die Summe, die Spaenle seiner Frau seit 2008 als Abgeordneten-Mitarbeiterin bezahlte - also seit er Minister wurde. Die Rückzahlung sei eine angemessene Konsequenz, sagte der Minister.

Zuvor hatte SPD-Spitzenkandidat Christian Ude den Rücktritt von fünf Kabinettsmitgliedern gefordert. „Es ist ein Skandal, wenn buchstäblich eine Handvoll Kabinettsmitglieder den Staat als Beute betrachten“, sagte der Münchner Oberbürgermeister. Er verlangte den Amtsverzicht von Spaenle, Agrarminister Helmut Brunner, Kultusstaatssekretär Bernd Sibler, Innenstaatssekretär Gerhard Eck sowie von Finanzstaatssekretär Franz Pschierer (alle CSU). CSU-Fraktionschef Georg Schmid musste bereits seinen Hut nehmen.

Seehofer wies Udes Forderung scharf zurück. „Ich weiß gar nicht, was der sich da einmischt“, sagte er. „Er ist weder Parteivorsitzender noch Fraktionsvorsitzender, noch braucht ihn irgendjemand zur Lösung des Problems.“ Der Ministerpräsident betonte: „Wir haben eine ganz klare Linie, die heißt Aufklärung und Transparenz, Schaffung von neuen Rechtsgrundlagen für die Zukunft und in eklatanten Einzelfällen personelle Konsequenzen.“ In seiner Rede versprach er: „Wir machen konsequent reinen Tisch.“ Und: „Eine Partei wie wir, die aufklärt und durchgreift, muss sich keine Diffamierungen von der SPD gefallen lassen, die selbst auch betroffen ist.“

Spaenle, Eck und Pschierer hatten bis zuletzt eine Ausnahmeregelung im bayerischen Abgeordnetenrecht genutzt und ihre Ehefrauen als Mitarbeiterinnen in ihren Stimmkreisbüros beschäftigt. Brunner und Sibler taten dies vor einigen Jahren. Merk beschäftigte ihre Schwester - was nach geltendem Recht zulässig ist, jetzt aber geändert wird. Ude nahm sie deshalb von seiner Forderung aus.

Das Parlament veröffentlichte am Freitag die Namen von allen 79 Abgeordneten, die seit dem Jahr 2000 Ehepartner, Kinder oder Eltern als Bürohilfen engagiert hatten. Darunter sind zwei weitere ehemalige CSU-Kabinettsmitglieder: der frühere Staatskanzleichef Siegfried Schneider und der ehemalige Innenstaatssekretär Hermann Regensburger.

Die fünf von Ude zum Rücktritt aufgeforderten Minister und Staatssekretäre hatten ihren Frauen im Schnitt Beträge zwischen 500 und knapp 1000 Euro netto pro Monat für Teilzeitarbeit gezahlt - das allerdings über Jahre. Ausnahme war Spaenle, der seine Frau vor seiner Berufung ins Kabinett mit gut 2000 Euro netto entlohnt hatte und ihr Gehalt später reduzierte.

Die Beschäftigung von Verwandten ersten Grades - also Ehepartnern, Eltern, Kindern - hatte der Landtag im Jahr 2000 für alle künftigen Abgeordneten verboten, den damals schon im Parlament sitzenden Volksvertretern aber bisher noch erlaubt. Dazu zählen auch die fünf aktiven Kabinettsmitglieder, die Ude gefeuert sehen möchte. Die Affäre schadet nach Udes Meinung nicht nur der CSU: „Es zementiert Vorurteile gegen Bayern, es mobilisiert Vorurteile gegen die Politik.“